Teil 2:
Zum Unterschied in der Gebührenstruktur von sechsmonatigen und „einjährigen“ J-1 USA-Programmen – die ganz oft ja eigentlich nur 10 Monate lang sind? Da weder die Schule noch die Gastfamilien etwas von der Gebühr haben (Anwerbungsgutscheine mal abgesehen), sind es nur die Organisationen, die für beide Varianten den gleichen Aufwand haben und jeweils auf ihren Schnitt kommen wollen. Die Folge: Mittlerweile sind die Gebühren für die USA so hoch, dass sie an Programme in anderen Ländern heranreichen, wo sehr wohl Schulgebühren im Preis enthalten sind. Ob der AS nun 6, 10 oder 11 Monate in den USA bleibt, der zu betreibende Aufwand ist anfangs exakt gleich. Bis auf die monatliche Betreuung der Gastfamilie durch den Area-Rep, der teilweise inzwischen auch vergütet wird – ob er nun stattfindet oder nicht. Außer diesen vielleicht 320 $ Mehrkosten werden trotzdem Gebühren von bspw. 1300 € aufgerufen??? Wenn man ehrlich ist, für nichts, der Aufwand ist nahezu identisch.
Da, wo die Kosten von 6 zu 10 oder mehr Monaten sich deutlich unterscheiden, fließen Schulgebühren. Das Halbjahresprogramm… dass sich immer größerer Beliebtheit erfreut, weil sich Eltern, Kinder und Freunde nicht so lange trennen wollen oder man die harte Landung nach der Rückkehr vermeiden will, und bei G12 ist ein ganzes Jahr halt eine Ansage, wenn man nicht in der 11. Klasse weitermachen will nach der Rückkehr. (Der eigentliche Lerneffekt, der charakter- und persönlichkeitsbildende Anteil am Austausch, der vor allem im zweiten Halbjahr erworben wird, wird damit auch verschenkt, aber das ist ein anderes Thema.)
Die Nachbereitung ist im Übrigen nicht zu unterschätzen, denn gerade die einjährigen Austauschschüler geraten regelmäßig in einen zweiten Kulturschock, wenn sie wieder zurück sind. Viele Anbieter halten sich hier auffällig zurück, auch hier wenig Transparenz, was wirklich angeboten wird. Aber da ist die Gebühr ja auch schon längst geflossen…
Was macht die US-Organisation für das Geld? Sie muss normalerweise noch einmal die von der Deutschen Partnerorganisation eingereichte Bewerbung prüfen, aber in der Regel vertraut man darauf, dass die weitergereichten AS Englisch sprechen können und reif genug für dieses Abenteuer sind. Der deutsche Partner hatte nur diesen einen Job… Im Grunde genommen wird sofort das Visum auf den Weg gebracht, auch wenn noch gar keine Gastfamilie gefunden wurde. Die leichten Dinge werden zuerst erledigt, man will ja Rechnungen stellen. Nach einem Zufallsprinzip, außer man hat ein Selectprogramm gewählt, wo es zum Beispiel eine Vorauswahl für bestimmte US-Staaten gibt, werden die E-Mails mit den Bewerbungen an die Area Reps verteilt; wer mehr Quote hat, bekommt einen größeren Stapel als andere. Ich habe von mehreren Fällen gehört, wo sich in der Zentrale der Organisation niemand die Bewerbungen durchgesehen hat – sofort an die Reps weiterleiten, oder je nach Datum des Eingangs reihenweise umverteilen, jeder kriegt was ab. Öfters gibt es Reps, die größere Gebiete verwalten und unter sich die Area-Reps haben, diese kregen dann größere Haufen und verteilen diese an „ihre“ Reps - und was ich so höre, ebenfalls ohne mal was zu lesen. „Lotterie“ trifft es also ganz gut, Präferenzen aus den Anschreiben liest kaum jemand. Denn es geht ja nicht um Kultur, sondern ums Business. Und überhaupt irgendwie unterkommen ist leider bei den Druck mittlerweile wichtiger als passend unterkommen.
Ein weiteres Problem: Viele Gastfamilien suchen sich etwas heraus, was sie interessiert, und achten wenig darauf, was der AS angegeben hat, was ihn oder sie interessiert. Die Area-Reps hüten sich, da einzuschreiten, es soll schließlich jeder schnell was finden. Der AS ist katholisch aber die Gastfamilie sind radikale Evangelikale? Egal, sie glauben an Gott, 100% Passung. Ok, bei dem bekennenden Atheisten könnte es Probleme geben, aber die Gastfamilie in spe sagt, da muss man drüber reden - ist das nicht supergreat, die sind ja so offen - passt, done!
Es beginnt der Wettlauf gegen die Zeit, und es wird sich zeigen, ob irgendwo eine Gastfamilie aufgetan werden kann. Die Gastfamilie muss einem background check unterzogen werden; das kostet je nach Anbieter zwischen 25-250 $. Ein Besuch vor Ort gilt ebenfalls als solcher, wenn ein Führungszeugnis vorliegt. Die teureren Anbieter dürften da wohl eher recht selten benutzt werden; und meistens wird nur ein Familienmitglied überprüft, das spart Geld und erhöht die Zahl der zur Verfügung stehenden Gastfamilien. Womit auch schon wieder viel gesagt ist. Die Area-Reps sollen sich normalerweise in der Gemeinde und der Schule umhören und die Gastfamilien persönlich überprüfen, doch auch das findet immer öfter nicht wirklich statt, da die Einzugsgebiete teilweise auch recht groß sind. Und wer zu tief gräbt, verliert ja am Ende eine interessierte Gastfamilie.
Die High Schools werden in der Regel nur beim ersten Mal persönlich besucht, um zu überprüfen, ob die Gebäude in Ordnung sind und die von Seiten der USA vorgeschriebenen Pflichtfächer, Englisch und American Studies oder ein Äquivalent davon, auch angeboten werden. Ob es einen festen Ansprechpartner gibt, der die Daten an die Behörden weitergibt etc… Ab da wird eigentlich nur noch über die Zahl der zur Verfügung stehenden Plätze verhandelt, außer, der Area-Rep wohnt wirklich dort räumlich in der Nähe, dann sieht man sich öfters.
Je später die Gastfamilie gefunden wird, desto größer sind die Nachteile, und da reden wir nicht nur über den Notnagel „Welcome Families“. Fast alle High Schools fangen spätestens 4 Wochen vor Schulanfang an mit Auswahl und Training in den Herbst/Wintersportarten (u.a. Football und Fussball), der Band, dem Chor und dem so beliebten Cheer-Leading. Da muss man sich erst mal bewerben! Und wer die Try-outs verpasst, kommt später nicht mehr ins Team. Auch sonst muss man sich klarmachen, dass die Schüler in den USA mit den Sportarten und allem anderen in der Grundschule bereits angefangen haben, und der Wettstreit zwischen den Schulen äußerst kompetitiv ist. Wer also in einer Sportart nicht bereits gut ist, zumindest was Ballsportarten und angesehene Sportarten angeht, vielleicht weniger bei Leichtathletik, der wird nicht mal in die Junior Varsity aufgenommen. Vielleicht kommt mancher Deutscher mal als Kicker ins Footballteam oder hat die geeignete Figur für einen Verteidiger. Doch einen Exoten- oder Mitleidsbonus für Austauschschüler gibt es schon lange nicht mehr, und wer zu spät ist, lässt sich nicht mehr ins Team integrieren. Auch wer im Frühling baseball spielen möchte, braucht viel Training und viel Glück, um ins Wettkampftteam zu kommen. Das gilt im Übrigen auch und erst recht für das beliebte Cheer-Leading. Im Schachteam sind jedoch fast immer Plätz frei. Der Wettkampf aber um die wenigen verfügbaren Plätze in den beiden Teams (Varsity und Junior Varsity) bei den beliebten Sportarten ist intensiv. Selbst für das Cheer-Leading Team der JV gibt es viel mehr Bewerberinnen als Plätze; erst recht, wenn das Team an Wettbewerben teilnimmt oder schwierige Figuren wirft. Wer also so spät eine Gastfamilie hat, dass das Schuljahr bereits anfängt, hat bereits unter Umständen die ersten Chancen und ganz bestimmt die Try-outs verpasst. Das gilt dann auch für die Wahl von interessanten Wahlpflichtfächern, deren Kurse dann meistens für das ganze Schuljahr bereits voll und die Listen zu sind. Auch hier gibt es mittlerweile kaum noch einen Bonus für Austauschschüler, denn diese sind seit Jahrzehnten ein fester und normaler Anblick an vielen High Schools, daher gibt es fast nirgendwo mehr eine Sonderbehandlung. Im Gegenteil; America First setzt sich in allen Lebenslagen durch, auch hier; das mekt man überall.
Dass alle damit verbundenen Probleme des späten Starts von den Austauschorganisationen nicht an die große Glocke gehängt werden, dürfte niemanden verwundern. Im Grunde genommen sollte man eine Deadline setzen, dass das Kind spätestens vier Wochen vor Schulanfang eine Familie hat. Sonst Geld zurück. Aber sich angesichts der hohen Gebühren auf die Lotterie einlassen? Natürlich können auch gute Gastfamilien im Endspurt gefunden werden, doch liegt es doch auch auf der Hand, dass richtig gute und seröse Gastfamilien sich vielleicht dann doch nicht so ganz kurzfristig und spontan mal eben so auf das Abenteuer einlassen, weil ein Area-Rep sie von der kulturellen Bereicherung nur so begeistert hat. Sondern es wurde jemand kurzfrisitg bequatscht und incentiviert, und das kann sehr wohl ins Auge gehen. Und die erfahrenen Gastfamilien, die bspw. über viele Jahre jedes Jahr einen AS aufnehmen, die sind schon langfristig von den Area- Reps durchgeplant. Und zwar nach finanziellem Anreiz je nach Hintergrund des Bewerbers, und nicht, weil da plötzlich die ideale Bewerbung mit idealer Passung auf den Tisch flattert. Oder per direct placement, wo der Area Rep nur noch sehen muss, wie er an die Vermittlungsgebühr kommt; meistens mit Gutsel für die Familie. Wer also einen bestimmten Staat oder größere Städte haben möchte, muss dafür bezahlen - obwohl der Aufwand im Prinzip der gleiche ist. Trotzdem kann auch das schwierig werden. Garantieren kann man viel, aber das Kleingedruckte entscheidet. Man spielt hier mit den Hoffnungen der Kids. Je begehrter die Wunschgegend, desto höher die Gebühren, und trotzdem kann es schiefgehen. Und sei es nur, weil im Wunschstaat aufgrund der großen Hitze zur großen Freude die Schule bereits um 7.00 Uhr anfängt… was einem vorher niemand gesagt hat.
Nicht nur, dass es häufig keine Extrawürste für Austauschschüler mehr gibt; im Gegenteil; ich bin auf High Schools gestoßen, die mittlerweile bspw. keine Informationsveranstaltungen für potentielle Gasteltern mehr anbieten, deren Lehrer mittlerweile selbst auch keine Gastschüler mehr aufnehmen, und die die Zahl der zur Verfügung stehenden Plätze reduziert haben. Regelmäßig, wenn ein Befürworter des Austauschs aus dem Kollegium geht oder ein neuer Rektor kommt, wird da heruntergefahren. Und/oder nur noch mit einer einzigen statt mit mehreren US-Austauschorganisationen zusammengearbeitet. Hat vermutlich mit dem Zeitgeist zu tun, der seit etlichen Jahren in den USA weht. Das Interesse an kulturellem Austausch scheint jedenfalls nicht mehr allzu hoch im Kurs zu stehen. Auch das wirkt sich natürlich negativ auf die Zahl der zur Verfügung stehenden Plätze für AS aus. Es gibt Gegenden, da gäbe es sogar mehr Gastfamilien, aber die Schulen sind jetzt das bottleneck.
Am Ende des Tages ist es die Aufgabe der US-Organisation, das Visum zu beantragen, die Gastfamilie zu suchen, den Hintergrundcheck zu machen und die Gastfamilie zu betreuen, sich mit der Schule abzustimmen, und bei Problemen als Mentor und Coach zur Verfügung zu stehen. Letzterer Teil wird schon kaum noch oder nur mit Schwierigkeiten erfüllt. Aber auch sonst ist die Last der zu erledigenden Aufgaben recht überschaubar, wenn man ehrlich ist, und es wird schnell deutlich, dass einerseits der Flaschenhals darin liegt, die Gastfamilie zu finden, und es andererseits auf den jeweiligen Area Rep mehr als alles andere ankommt. Und genau deswegen kann man bei jeder Organisation Glück - oder eben Pech haben. Area Reps kommen und gehen, daher gibt es keine wirklichen Stars unter den US Organisationen, man kann bei jeder davon dieses Glück - oder eben Pech haben. Man sollte meinen, Organisationen, die eben nicht jeden nehmen und wirklich die Zahl der Plätze begrenzen, können mehr Qualität bieten, aber spätestens in den USA dann stehen sie ja doch im Wettbewerb aller Orgs und der Lotterie. Qualität kann wenn, dann nur vor Ort geleistet werden, und da stimmt sie nicht mehr, egal wie sich die deutsche Org abstrampelt.
Rechnet man den nötigen Arbeitsaufwand auf die mindestens aufgerufenen 10.000 Euro alleine für Gebühren um (plus Reisekosten, Versicherung, Visum, Taschengeld, Mobilfunk etc., das kommt ja erst noch dazu), dann gibt es vermutlich keinen einzigen Wirtschaftszweig, wo für so wenig Aufwand so viel bezahlt werden muss! Vielleicht noch der Stundensatz von Schönheitsoperationen, aber die haben ein wesentlich höheres Risiko. Gleichzeitig sinkt die Qualität des „Produkts“ stark nach unten. Da wundert es mich nicht, dass mittlerweile Sammelklagen gegen Veranstalter vorbereitet werden und es in den USA das Committee (csfes . org) Committee for Safety of Foreign Exchange Students“ gibt. Man bezahlt das Monopol für das Visum, Punkt.
Noch weniger Einfluss haben wie gesagt die deutschen Organisationen, denn sie verfügen vor Ort über keinerlei Einflussmöglichkeit. Im Grunde genommen sind sie wie die Eltern auch darauf angewiesen, dass ihre jeweilige amerikanische Partnerorganisation vor Ort einen fähigen Area-Rep hat. Etliche deutsche Anbieter gehören übrigens zur gleichen Organisation, sind direkte Ableger oder Schwesterorganisationen der amerikanischen Austauschorg oder gehören zum gleichen Unternehmensverbund, sind aber trotzdem rechtlich getrennte Organisationen ohne Durchgriff in den USA. Und im Grunde genommen haben die Anbieter sämtlicher Herkunftsländer, ob sie nun explizit als Austauschorganisation, Reiseveranstalter, Sprachschule oder sonstwie kulturgetrieben daherkommen, keine direkten Einflussmöglichkeiten auf die Area-Reps ihrer US-Mutterorganisation. Sie müssen immer über die amerikanische Partnerorganisation gehen. Sie können zwar versuchen, Einfluss zu nehmen und auf die Partnerorganisation einzuwirken, doch alle Probleme vor Ort werden grundsätzlich nur mit dem jeweiligen Area Rep abgewickelt. Und deren Machtposition hat sich in den letzten Jahren immer mehr verstärkt, da sie regelmäßig vergütete Mitarbeiter sind, auf deren vor Ort aufgebauten Netzwerke die Mutterorganisation nicht verzichten kann und will. Wechselt ein Area Rep bspw. von einer Organisation zur anderen, nimmt sie unter Umständen das Netzwerk der persönlichen Beziehungen bis hin zum Kontingent der Plätze an der Highschool mit, und die Gastfamilien natürlich auch.
Wenn es Probleme gibt, ist in vielen Fällen anscheinend der AS das Problem und nicht die müsam akquirierte Gastfamilie, mit der man anscheinend mittlerweile ein gemeinsames Geschäftsmodell teilt, auch wenn der US-Gesetzgeber das so ganz und gar nicht vorgesehen hat. Wie kann es auch anders sein, wenn aus dem kulturellen Austausch ein Massengeschäft geworden ist. Hier im Forum wurde schon der Begriff „organisierter Menschenhandel mit Jugendlichen“ verwendet, und im Grunde genommen hat es etwas davon, wenn man Pech hat.
Vorplanen muss man also mittlerweile für den Fall, dass man an schwarze Schafe gerät, wo sich Area-Rep und Gastfamilie absprechen, und beispielsweise die Mobiltelefone der Austauschschüler einkassiert oder die Kommunikationsmöglichkeiten eingeschränkt werden. Für die Eltern ist es daher immer wichtig, eigene Mobilfunk-Verträge für die AS abzuschließen, und sich Möglichkeiten der Notfallkommunikation zu schaffen. Idealerweise vor der Ausreise; viele Handys funktionieren im GSM der USA sowieso problemlos. Prepaid oder andere Verträge kann man online oder spätestens am Flughafen abschließen. Dann nimmt man noch E-Mail-Adressen und Telefonnummern (auswendig lernen ist wichtig) oder soziale Medien, die man über Nachbarn oder die Schule oder über Freunde gut erreichen kann. Ganz vorsichtige Geister vereinbaren Codes. In den heutigen Zeiten jemand wirklich mundtot zu machen, dürfte kaum gelingen. Spätestens in der Schule finden sich dann Möglichkeiten zur Kommunikation. Man muss sich auf die worst case Szenarien vorbereiten, daran kommt man nciht vorbei. Auch hier wird man von den Anbietern vermutlich wenig dazu hören, ist schlecht fürs Geschäft.
Sollte es Probleme mit der Gastfamilie geben und man an der gleichen Highschool bleiben wollen, dann kommt es darauf an, wie sehr man dem eigenen Area-Rep vertraut. Längst nicht alle sind ja schwarze Schafe. Doch wenn man es nicht einschätzen kann, oder man bereits negative Erfahrungen gemacht hat, oder es wurde sogar schon mit Rausschmiss und Rückreise gedroht, dann kann der Rat nur lauten, man sollte immer erst aus eigenen Kräften eine Ersatzfamilie finden. Bspw. über die High School Counselors gehen oder über Lehrer, denen der Austauschschüler besonders vertraut, oder Freunde aus der Schule sollten vorsichtig und immer unter Stillschweigen informiert werden, dass man eine Ersatzfamilie sucht. Damit haben bereits viele AS Erfolg gehabt, und haben erst nach Finden einer Ersatzfamilie den jeweiligen Area Rep (und die Gastfamilie) informiert, der dann nicht mehr viel machen konnte oder wollte. Macht man denen das Leben leicht, sind die an einer Eskalation oder gar Ausweisung des AS auch nicht mehr interessiert. Merkwürdig aber schon, wie lange sich offensichtlich unfähige Area-Reps manchmal halten können, doch auf der anderen Seite wird wenig bis nichts geahndet, vieles bleibt folgenlos. Es braucht dazu mehr „Geld-zurück Klagen“, sonst tut es den Orgs nicht weh genug.
Wenn man also besonders gut den USA vernetzt ist und sich selbst Gastfamilien suchen kann, und darüber hinaus auch ein Betreuungsnetzwerk vor Ort aufstellen kann, nutzt es trotzdem nichts. Das Visum kann nur von den US-amerikanischen Organisationen vergeben werden, und diese sind regulatorisch immer darauf angewiesen, im Herkunftsland des Austauschschülers die Bewerbung prüfen zu lassen. Und stellen sich daher immer, was Preisverhandlungen angeht, dumm, und verweisen auf ihren jeweiligen Partner im Herkunftsland. Der wiederum auch auf seinen Schnitt kommen möchte und daher an Preisnachlässen ebenfalls kein Interesse hat.
Zumal auch in Deutschland die Akquisekosten in dem hart umkämpften Markt mit den ganzen Messen und online Marketing immer weiter steigen. Es gibt einfach zu viele Anbieter. Nur so ist zu erklären, dass, wenn man die ganze Arbeit selber macht, man finanziell davon trotzdem eigentlich nichts hat (außer immerhin der Sicherheit, eine gute Familie und passende Schule gefunden zu haben). Aber so viel Arbeit war es ja nicht; in wenigen Stunden Herumtelefonieren hatten mein Freund und ich zwei Gastfamilien (eine als Ersatz, für den Fall der Fälle), einen zusätzlichen Betreuer, der sich mit sowas auskennt, die zuständige High School und deren Counselor aufgetan - um dann mit dem Gezacker mit der Austauschorganisation 5 Mal so viel Zeit zu verbringen, weil es denen nur um eines geht. Das Geld. Das Monopol, das Visum ausstellen zu dürfen, lassen sich die Organisationen jedenfalls mittlerweile sehr sehr teuer bezahlen. Wenn man sich selber auskennt und Beziehungen hat, braucht es keine Organisation., auch Versicherung und Reise kann man alles selbst und günstiger organisieren.
Die Regierung der USA hat sich einst das J-1 Visum ausgedacht, um den kulturellen Austausch zu fördern. Deswegen wurden jegliche Schulgebühren aus dem Programm gestrichen und jegliche Vergütung für die Gastfamilien. Am Anfang war dies das Betätigungsfeld von Ehrenamtlichen. Das Programm sollte bezahlbar sein. Doch mittlerweile ist ein Geschäftsmodell daraus geworden, und mit dem Verweis auf Gemeinnützigkeit oder non profit stopfen sich jetzt trotzdem statt der Schulen und Gastfamilien eben die Austauschorganisationen die Taschen voll und lassen sich für ihr Monopol vergüten. Das ist nicht im Sinne der damaligen Erfinder des Programms und benachteiligt sozial schwächere, auch wenn mit Stipendien geworben wird (und die es zumindest im PPP ja auch gibt). Ein Wettbewerb der Orgs untereinander findet nicht statt, überall gibt es das gleiche, die ganze Preisstruktur in diesem Markt ist im Grunde genommen ein Fall für das Kartellamt, wenn man sich die identischen Gebührenstrukturen mal so anschaut. Aber auch davor soll ja der Verweis auf die Gemeinnützigkeit schützen, und dass man „Stipendien anbietet“. Und auch wenn ein gewisser Teil der Gebühren für die Suche nach Gastfamilien drauf geht, so ist die Wertschöpfung der angeschlossenen Organisationen doch reine Prozessroutine und nicht besonders aufwendig. Das eigentliche Budget fliesst hüben und drüben in die Gehälter, und die eigentliche „Arbeit“ machen aber letztendlich die Gastfamilien und Schulen, nicht wahr? Und die sehen am wenigsten davon. Doch wie bei allem, wo das Angebot immer kleiner wird und die Zahl der Interessenten am J-1 Visum weltweit immer höher, stoßen immer mehr Anbieter in diesen Markt und wollen davon auskömmlich leben. Vielleicht sollte ich….
Im Grunde genommen kann man das alles umgehen, wenn man sich visumsfreie Länder aussucht. Hier zumindest lohnt sich die Selbstorganisation. Zudem gibt es viele Austauschländer, die sogar mit dem Vorhandensein von Schulgebühren mittlerweile günstiger als die J-1 USA Variante liegen.
Was bleibt hinzuzufügen? Wer eine gute Beratung für USA sucht, ist bspw. auf der Webseite vom Amerika Haus München (amerikahaus . de / service / tipps-fuer-auslandsaufenthalte-in-den-usa-und-kanada) gut aufgehoben. Eigene Programme werden nicht angeboten und die Beratung ist neutral, es dürfen keine Anbieter empfohlen werden. Doch gibt es hier allgemeines Know-how und Ansprechpartner.
Vor diesen Hintergründen muss sich jeder gut überlegen, ob er sich auf das Abenteuer J-1 einlassen will. Es mutet schon alles mittlerweile sehr willkürlich an. Hoffen wir, dass die „bad apples“ unter den Area-Reps bald ausgesiebt sind und damit auch die schlechten Praktiken bei der Gastfamililiengewinnung aufhören.