Hallo Sunny und alle zusammen, heute möchte ich euch von meinem USA High School Recherche-Marathon berichten, denn auch darüber hätte ich gerne im Vorfeld mehr gewusst. Und nachdem mich ein Freund ungläubig fragte, ob angesichts der zahlreichen Probleme von Gastschülern im USA High School Public J1 Programm (mit/ohne Staatenwahl) es sein könne, dass wir uns im Vorfeld einfach allesamt nicht ausreichend informiert hätten, bin ich dieser Frage mit latentem Schuldgefühl nochmals nachgegangen. Ist das so einfach? Wir sind alle einfach selbst Schuld, da wir alle nicht gut genug recherchiert haben? So sind wir als Familie vorgegangen:
Schritt 1 - Messen / Infoveranstaltungen / neutrale Ratgeber:
Hinter den zahlreichen Messen zum Thema Schüleraustausch stecken zum Teil gemeinnützige Stiftungen, die per se natürlich Gutes tun – es geht hierbei auch nicht nur um die von uns kritisierten USA High School Public J1-Programme, sondern um die ganze Welt – vom High School Jahr über Work & Travel, Au Pair Jahre etc Geht also mal dorthin, informiert euch, die Welt ist groß und bunt und ihr findet hier in jedem Fall eine Orientierung, wer solche Programme wohin und für welches Alter anbietet. Ebenso verhält es sich mit der Plattform weltweiser, die sehr viele Tipps und grundsätzliche Infos sowie eine umfassende Übersicht über agierende Anbieter zusammenstellt. Wer also das Feld zum allerersten Mal betritt, bekommt hier einen Einblick.
Nichtsdestotrotz handelt es sich hierbei in meinen Augen nicht nur um sachliche Informationen neutraler Plattformen, wie wir persönlich als Eltern angesichts des gemeinnützigen Trägers dieser Messen erwartet hätten. Hier herrscht vordringlich ein ganz klares Akquiseinteresse der Aussteller. Auch das ist legitim. Was jedoch das Modell ‚USA High School Public Programm‘ angeht, bleibe ich kritisch. Eine bereits hier im Forum geteilte Aussage einer amerikanischen Anwältin lautete, dass in diesem Jahr rund 50% der Schüler in den USA mit dem J1-Visum-Programm und ihren Platzierungen teilweise gravierende Probleme haben. Dies in Verbindung mit der Tatsache, dass die USA weiterhin das beliebteste Land für Auslandsjahre sind, müsste meiner Meinung nach bereits hier zu deutlich mehr Transparenz seitens solcher Plattformen, Träger und Messen führen – sowohl digital als auch im Printbereich und vor allem im persönlichen Gespräch an den Ständen bzw. auf konkrete Nachfrage hin.
In unserem Fall tummelten sich auf einer dieser Messen die Anbieter dicht an dicht, die Repräsentanten vorwiegend jung und smart, selbst gerade aus dem Jahr ihres Lebens zurückgekehrt, oder aber mit der Gemeinnützigkeit ihrer Agentur werbend. Von negativen Erfahrungen keine Spur, auch nicht auf Nachfrage hin. Liebe Agenturen, ich würde euch genau deswegen weiterempfehlen, hättet ihr uns zu irgendeinem Zeitpunkt VOR Buchung transparent berichtet, was in den USA neben den vielen schönen Bildern noch so passieren kann. Chance vertan!
Daneben gibt es auf den Messen häufig auch einen Stand, an dem ganze Agenturführer und -handbücher verkauft werden. Dort werden im Gespräch sogar gleich alle der dort genannten Agenturen unbedingt weiterempfohlen. Spart euch den Kauf, ihr findet hier nichts, was ihr nicht auch im Web findet.
Schritt 2 – Ein Dutzend Werbebroschüren später / Internetrecherche
Mit zwei vollen Tüten voller Broschüren und einem Dutzend Visitenkarten gehen wir etwas schlauer, aber umso irritierter vom Feld. Nur, dass es USA sein soll, das ist dem Kind klar, denn da, so das Kind, waren die Berichte der netten Mitarbeiter vor Ort einfach am coolsten. Also studieren wir wochenlang die USA-Angebote verschiedener Anbieter. Offline, online, Staatenwahl, keine Staatenwahl, Public, Private, Internat. Nochmal zurück, USA, Kanada, England oder doch Neuseeland. Preise bis zum sechsstelligen Bereich, auch das schreckt einige Bekannte in unserem Umfeld nicht ab. Uns schon. Das einzige, das sich unterhalb unserer Schallmauer von 20k im englischsprachigen Raum zu finden scheint, ist das USA Public High School Programm mit dem J1-Visum. Im Gegensatz zu anderen Ländern oder den deutlich teureren High School Select / Private F1-Programmen kann man dabei den Staat, die Region oder Stadt nicht auswählen. Wir ganz persönlich möchten aber nicht, dass unser Kind in die besonders waffenaffinen Staaten kommt und auch nicht in den Bible Belt. Es gibt fast Streit, aber dann der Lichtblick, es gibt DIE Lösung in Form der Staatenwahl! So finden wir am Ende eine unserer Meinung nach bezahlbare Variante mit Flexibilität, aber im geschützten regionalen Raum. Wir suchen am Ende zwei Anbieter aus, die uns von den angebotenen Staatenpaketen her sehr zusagen und vereinbaren Termine zu Beratungsgesprächen. Eine Warnung zum Thema ‚durchschnittlicher amerikanischer Standard einer Gastfamilie‘ oder ‚Unwahrscheinlichkeit einer Platzierung im Wunschstaat‘, ‚Gefahr gar keiner Platzierung‘? Fehlanzeige in allen unseren Recherchen!
Schritt 3 – Social Media
Während wir auf die Beratungsgespräche warten, sucht das Kind fleißig in seinen eigenen Quellen, also nur digital, im Internet, YouTube, Blogs, Insta, TikTok – und findet gleich so viele hübsche und eloquente Jugendliche, die das Traumjahr ihres Lebens verbracht haben, dass erneut meine Warnlampen angehen. Der eine oder andere schildert zwar, dass auch mal was schief ging, jedoch direkt gefolgt von einem überschwänglichen Dank und Lob an die Agentur, die sofort generalstabsmäßig und mit diversen Kollegen vor Ort in den USA für eine Lösung, ein Gespräch, eine Umplatzierung etc. gesorgt hat. Und gleich alle Influencer haben am Ende ganz viel dabei gelernt, besonders aus den schlechten Erfahrungen, die aber doch im geschützten Raum und rein kindeswohlorientiert gelöst wurden.
Was glaubt ihr, wie groß der Einfluss eines skeptischen Elternteils zum Thema whitewashing auf Social Media auf den eigenen reisebegeisterten Jugendlichen ist? Eben. Ich halte durchaus nicht alle Bilder und Berichte für fake, ganz und gar nicht – aber es wird eben nur die eine Seite der Medaille präsentiert. Das Kind hält mich für einen Quotennörgler und empfiehlt mir, dann eben mal old school ein paar Testberichte zu lesen.
Schritt 4 – neutrale Beratungsplattformen
Ich google mich auf der Suche nach etwas, das dieses mir etwas ‚zu saubere Bild vom High School Jahr‘ auf Messen, in Broschüren und Social Media in ein neutraleres Licht setzen wird, durch ein Dutzend allgemeiner Schüleraustausch- / High School Jahr- / Austauschjahr-Informationsseiten. Und ich werde fündig, es gibt alle möglichen Seiten, die in etwa heißen sprachreisen ratgeber de / austauschjahr de / auslandsaufenthalt org / erfahrungsberichte highschool de / schueleraustausch info / schueleraustausch net / ausgetauscht de und noch einige weitere. Auch hier will ich gar nicht sagen, dass es sich dabei um per se unseriöse Seiten handelt, denn auch hier geht es in der Regel um die ganze Welt und alle möglichen Programmvarianten. Lediglich beim Blick auf das eine oder andere Impressum bin ich verwundert, da hat sich jemand offenbar sehr findig diverse Domains gesichert. Unabhängigkeit sieht doch eigentlich anders aus, vielmehr scheint es sich hier um Portale von zusammengeschlossenen Agenturen oder sogar von einzelnen Anbietern zu handeln. Aber auch das ist an sich legitim, denke ich. Ich suche gezielt auf all diesen Seiten nur noch nach USA mit dem Public High School Programm. Alles supi, wie es scheint.
Was mich stört, wenn ich rückblickend die Namen dieser ganzen Ratgeber- und Infoseiten nochmals lese? Alle diese Seiten vermitteln den Eindruck neutraler unabhängiger Beratung und transparenter Aufklärung. Jedoch findet man hier de facto keine Neutralität, denn diese würde eben Licht und Schatten des Ganzen aufzeigen. Das Kritischste, das ich während meiner Recherche finde? Sinngemäß - in Gastfamilien kann es auch mal zu Spannungen kommen. Hier hilft der regionale Koordinator, der zur Not auch eine andere Gastfamilie vermittelt. Und natürlich nicht zu vergessen: Die meisten Austauschschüler erleben dies als spannende Erfahrung, weniger als Problem.
Schritt 5 - Testberichte / Verbraucherschutz
Nachdem ich weiß, dass alle diese Seiten in irgendeiner Form doch unter der Schirmherrschaft von Agenturen stehen, will ich es also nochmal ganz neutral wissen. Und werde schon wieder fündig.
2022 zB bringt das disq (Dt. Institut für Servicequalität) eine ‚Servicestudie Schüleraustausch-Organisationen‘ heraus. Das unter dem Testlabel „1. Platz Testsieger Schüleraustauschorganisationen“ platzierte Wort „Service“ ist dabei allerdings nicht ganz unerheblich. Denn getestet wurde hier der Service deutscher Agenturen anhand von Parametern wie „Website als Informationsquelle“, „Schnelligkeit bei der E-Mail-Bearbeitung“ oder „freundliches und kompetentes Auftreten“. Negativ bewertet wird z.B. eine „unpersönliche Formulierung“ in den E-Mails. n-tv lässt unter eigenem Link diesen Service-Kontext der Studie in seiner Headline sogar ganz weg und titelt unter der Rubrik ‚Ratgeber‘ gar „Die besten Schüleraustausch-Organisationen“. Das Wesentliche, nämlich die Qualität der Platzierungen, der Wahrheitsgehalt hinter den getätigten ‚kompetenten Aussagen‘, die Kompetenz der de facto die Schnüre ziehenden Partner-US-Agenturen, die Abbruchquote, die Beschwerdequote oder auch die Anzahl der laufenden Gerichtsverfahren – also der Erfolg, das qualitative Ergebnis dieses Services – wird nicht durchleuchtet. Dieser Eindruck wird jedoch erweckt, wenn man als Laie diese Studie, die Testsiegerlogos oder den entsprechenden Bericht in den Medien anschaut.
Noch ein Beispiel? Beschrieb Stiftung Warentest im Jahr 2005 in einem der wenigen transparenten Tests zum Thema, inklusive agenturübergreifend negativer Erfahrungsberichte zu High School USA Aufenthalten, ein sehr ernüchterndes Bild (Erfahrungsberichte: Oft Probleme mit den Gasteltern | Stiftung Warentest), das m.E. dem heutigen exakt entspricht, so findet man heutzutage dort kein Update, sondern eher Artikel, die Allgemeines zusammenstellen und sich eher wie die allgemeinen Infoseiten der Veranstalter liest. Von negativen Erfahrungen oder gar einer Verschärfung der Situation nach der Corona-Zeit kaum ein Wort. Auch diesen Testbericht braucht ihr meiner Meinung nach nicht kaufen.
Und auch auf diversen Seiten der Verbraucherschutzzentralen finde ich nichts, ich gerate dort aber umgehend in den Sog diverser Versicherungen, die sich hier … beratend anbieten. Auch, wenn man danach gar nicht gegoogelt hat. Woran das liegt? Ich weiß es nicht, finde aber einen Beitrag aus dem Jahr 2008 der Website ‚Nachdenkseiten‘ durchaus erhellend, auch wenn es hier eher um den Bereich klassischer Sprachreisen geht - Titel ‚Wie man mit deutschem Verbraucherschutz PR betreiben kann‘.
Dann gibt es noch den DFH – den Dt. Fachverband Highschool e.V. , auch hier ist ein Blick ins Impressum interessant. Im DFH verpflichten sich die teilnehmenden Mitglieder (scheinbar etwas mehr als 10 innerhalb einer Agenturlandschaft von ca. 100 Austauschorganisationen und Agenturen in Deutschland) zur Einhaltung strenger Qualitätsrichtlinien und unterziehen sich einer eigenen regelmäßigen Qualitätskontrolle. Auch hier glaube ich, dass es sich grundsätzlich um einen seriösen Verein handelt und es ist selbstverständlich legitim, wenn sich Reiseagenturen zusammenschließen in einem Dachverband. Man erwartet hier jedoch ebenfalls unabhängige Beratung und der Begriff ‚Deutscher Fachverband‘ assoziiert erst einmal eine Größe und Bedeutung eines Dehoga oder DRV (Dt. Reiseverband). Unter den FAQs wird aber mein obiger Kritikpunkt zu Testsiegeln / Testlogos und der Servicestudie des disq geäußert, vlt war man dort auch einfach nicht unter den Gewinnern, was ich nicht recherchiere. Ansonsten aber auch hier – lediglich positive Blogbeiträge glücklicher Returnees, alles akquisetauglich.
Doch hier gibt es doch noch etwas Neues - eine Teilnehmer- und Elternbefragung zum Zwecke der Qualitätssicherung, und das Ganze wird sogar von ‚professionellen Statistikexperten‘ ausgewertet. Wow, bei unprofessionellen Statistikexperten hätte ich mir jetzt auch Sorgen gemacht. Das Ganze läuft dann offenbar so, wenn ich es richtig verstehe, korrigiert mich bitte ansonsten gerne, dass die Agenturen selbst jeweils 150 zu Befragende auswählen, die soeben ausgereist sind. Also schon einmal keine gar nicht Abgereisten, die sicher auch gerne etwas dazu sagen würden? Wie repräsentativ das Ganze ist, weiß ich nicht, ob es die Abbrecher, Herausgeworfenen, Umplatzierten und Unglücklichen (wie natürlich auch Glücklichen!) im Rahmen der Befragten erfasst, aber immerhin, macht Eindruck und so eine Auswertung würde ich auch mal gerne lesen. Solch eine professionelle, versteht sich. Dann aber scheint es so, dass die Ergebnisse gar nicht den Eltern und Teilnehmern zur Verfügung gestellt werden, sondern lediglich dem Beirat des DFH, der sich bei Problemen eine Stellungnahme der jeweiligen Agentur einholt? Und das Gesamtresultat wird dann im Rahmen der Mitgliederversammlung vorgestellt und kommentiert. Davon, dass den Teilnehmern die kompletten Ergebnisse transparent präsentiert würden, steht dort mE leider nichts.
Die große Plattform weltweiser finde ich persönlich wie geschildert zum Einstieg gar nicht schlecht, gibt es dort doch einen wirklich umfassenden Überblick über die unterschiedlichsten Programme weltweit. Was mir jedoch auch hier fehlt in dem YouTube Video, dass am Ende auftaucht? Ich höre nur Sport, Musik, Segeln, Kayak, Outdoor, soziale Kompetenzen. Das stimmt alles. Aber auch dieses Video des smarten Mitarbeiters vermittelt den Eindruck einer Garantie, dass ein Jahr so laufen WIRD, und insbesondere Minderjährige, wir reden von 15-/16jg sind für so etwas empfänglich. Wie wäre es mit etwas mehr lowlights-dropping? ZB ‚extreme Kälte im Winter, nächster Ort 10 Meilen entfernt, Schusswaffen im Umfeld, 9 Personen auf 100 qm, Rauswurf wegen einer Note F im Zeugnis‘, ‚Unterschreiben einer Abmahnung unter Druck mit nachfolgendem Visumentzug durch den Local Coordinator‘? Macht keiner. Natürlich nicht. Das wäre auch alles kein Problem – würde man sich eben nicht in eben diesem Video mehrfach ‚Unabhängiger Bildungsberatungsdienst‘ nennen.
Schritt 6 - Direkte Bewertungen
Einige Überlegungen, warum wir in einer Welt, wo auch im Touristikbereich alles und jedes schmerzfrei negativ bewertet wird, was auch nur den geringsten Anlass zur Unzufriedenheit bietet, trotzdem so wenige direkte Bewertungen Betroffener finden? Auch diese entsprechen nur meiner ganz persönlichen Empfindung, ihr könnt das ganz anders wahrnehmen, ich freue mich über jedes Feedback.
Lest gerne einmal näher nach, wie einige große Bewertungsportale arbeiten, denn einige erlauben ihren Profilinhabern, nur die gewünschten Bewertungen anzuzeigen. Wenn ihr also 500 positive Kommentare auf einer solchen Plattform findet, zumeist nur mit wenigen Sätzen beschrieben, dagegen auf anderen Plattformen zwei bis drei dezidierte negative Berichte - seid wachsam!
Jugendliche und auch Eltern tun sich sehr schwer damit, offen zuzugeben, dass das vermeintliche Traumjahr, teuer bezahlt noch dazu, ein Flop bis traumatisierend war. Auch unser Kind möchte nicht, dass ich an der Schule auf einem Elternabend zum Thema etwas dazu sage. Und im worst case - welcher Jugendliche postet gerne eine schreiende Gastfamilie, die Abmahnung wegen ‚respektlosen‘ Verhaltens oder den Hundekot im Messihaus als Jahr seines Lebens?
Hinzu kommt die eingangs erwähnte Ungläubigkeit bei Nichtbetroffenen, die solche Zustände für Ausnahmen oder für Erzählungen von vor 20 Jahren halten – oder eben für lasche Recherche der Eltern vor Buchung.
Transparenz unter Austauschschülern vor Ort? Einige Anbieter öffnen zwar Chats unter den Jugendlichen, in denen – was legitim ist – ein Mitarbeiter der Agentur mitliest. Was nicht legitim ist – jegliche negative Bewertung oder Hilferuf wird von diversen Agenturen in diesen Chaträumen gelöscht. Was bleibt, sind positive Notes und Frust oder Scham bei denjenigen, die sich getraut haben, auch ein anderes Bild aufzuzeigen oder Probleme zu benennen. Das machen nicht alle Agenturen so, aber einige.
Was noch? Ein High School Jahr ist ein ‚One-hit-wonder‘. Niemand erlebt so ein Jahr zweimal, spätestens wenn das Geschwisterkind durch ist, verblasst zudem der Wunsch dahingehend, andere darüber informieren zu wollen. Es gab in Deutschland über Jahre einen Verein, der sich dem Thema sehr intensiv gewidmet hat, es gab durchaus auch ab und an PR dazu, aber der Übermacht der Agenturen mit positiven Bildchen ist kaum zu begegnen.
Die meisten Eltern möchten gerade bei traumatischen Erfahrungen ihrer Kinder diese nicht erneut belasten. Geld einzuklagen, sobald ein Kind vor Ort war, gestaltet sich ebenfalls schwierig, ist dies durch, ist man als Elternteil erschöpft und warnt höchstens in seinem direkten Umfeld. Oder man unterschreibt vielleicht einen Vergleich, der mit einem Äußerungsverbot einhergeht.
Sobald jemand doch etwas Negatives postet oder auch nur fragt, scheint ein investigativer Stab aus Agenturmitgliedern berufen, sich direkt einzuschalten. Da fragt jemand auf einem Portal nach Erfahrungen mit einer bestimmten Agentur, jemand antwortet negativ, und schwupps kommt die Antwort, dies sei gar nicht die richtige Plattform für eine solche Frage, gefolgt von einem Sammelsurium an Links, darunter einige der oben genannten Portale und Websites.
Jugendliche Influencer. Wie schon geschildert, ist die Macht von Social Media nicht zu unterschätzen. Wem followed man lieber, den skeptischen Eltern oder dem schicken Returnee mit sonnigen Schlagworten? Zudem tue ich mich als Elternteil sehr schwer, unter glückliche Teenie-Posts, die vorwiegend von Agenturen eingesetzt werden, einen entsprechenden negativen Kommentar zu schreiben, denn ich glaube schon, dass viele Kinder auch ein tolles Jahr erleben - es fehlt eben nur die andere Seite in der Darstellung.
Furchtbare Bilder desolater Platzierungen – ein Bild sagt mehr als 1000 Worte – wären natürlich ein schockierendes Lowlight, aber niemand möchte sich in Gefahr einer Verletzung der Persönlichkeitsrechte der betroffenen Familien begeben, zudem wird - wie auf unserem anderen Chatstream geschildert - Kindern bisweilen untersagt, sich überhaupt über ihre Gastfamilie zu äußern, bis hin zum Handyentzug. Einige Kinder müssen eine solche Klausel unterschreiben oder dürfen sich nur in Gegenwart der Gasteltern mit ihren eigenen Eltern auf Englisch unterhalten. Wer zudem mal mitlesen möchte, wie einige Gasteltern sich über Gastschüler verschiedener Nationen unterhalten, mag sich auf der entsprechenden FB-Gruppe einloggen. Nicht immer nett.
Schritt 7 – das ‚Beratungsgespräch‘ der Agenturen
Nach allem oben genannten Herumrecherchieren kommt es zum finalen Showdown – dem Beratungsgespräch. Dies wird nur mit einer USA-Akquisedame geführt, die auch gar nicht gerne vergleichsweise etwas zu anderen Ländern sagen kann und möchte. Dabei wäre gerade das so wichtig, insbesondere da es um das Thema Staatenwahl geht, was für uns der Kompromiss ist, unserem Kind die USA trotz einiger verbliebener Zweifel dennoch zu erlauben und in Kanada eben ganz anders funktioniert.
Zu diesem Beratungsgespräch und den weiteren Dialogen im Bereich der Geschäftsanbahnung habe ich mich bereits ausführlich in unserem Chatstream ‚Noch immer keine Platzierung‘ geäußert. Meiner Meinung nach handelt es sich auch hierbei weniger um ein Beratungs- denn Promotion- / Akquisegespräch mit vielen Halbwahrheiten, Abwiegelungen, unwahr dargestellten Wahrscheinlichkeiten von nicht erfolgreicher Staatenwahl etc. Es bleibt dabei - das einzige, was für euch zählt, sind die AGBs!
Mein persönliches Fazit?
Rückblickend kann ich sagen, wir als Eltern haben auf unzähligen Wegen recherchiert. Aber nur, wenn man gezielt anders sucht: ‚Alptraum High School Jahr‘ / ‚negative Erfahrungen‘ usw, kommen solche Fälle wie viele von uns hier im Forum vor oder mit dem USA High School Public / J1-Programm erlebt haben, ans Licht.
Eine transparente und wirklich ehrliche Beratung in diesem hochsensiblen Bereich, in dem es nicht um eine Partywoche in Lloret de Mar, sondern um ein ganzes Jahr geht, das Jugendliche / Minderjährige weit weg von zu Hause verbringen? Ich habe diese nicht gefunden. Bisweilen frage ich mich, ab wann die akzeptable Schönfärberei in der Akquisephase die Grenze zur unlauteren Geschäftsanbahnung überschreitet. Gibt es hinter dem legitimen Versuch der Kundenanwerbung nicht auch eine Fürsorge-, Auskunfts- und Informationspflicht der Agenturen, spätestens bei konkreten Nachfragen? Es wäre schön, wenn sich Medien oder Verbraucherschutzzentralen einmal etwas kritischer oder investigativer mit dem Thema beschäftigen würden.
Es grüßt mit unverändert vielen Fragen euer USAFragen.