Naja, aus dem Ruder… weiß ich jetzt nicht. Ich fand den Chatvibe bislang hier sehr unterstützend, trotz des unangenehmen Themas - also die Worte ‚naiv‘ und ‚Kühlschrank‘-Vergleiche kamen ja nun aus deinem eigenen Sprachgebrauch, HP, das fand zumindest ich einfach etwas unpassend in diesem Dialog.
Zu deiner Frage / Überlegung, was das Repräsentative in Bezug auf unsere hier in diesem Stream nur negativen Berichte angeht. Das war nun einmal der Anlass, um diesen Stream zu starten und ist Thema dieses Streams. Er heißt halt nicht ‚Mein Traumjahr in den USA, und was ne mega Agentur wir hatten.‘ Aus unserem Stream entstand dann ‚Was ich gerne gewusst hätte‘ - aus den Erfahrungen von zahlreichen Familien in den letzten 2-3 Schuljahren, um das Ganze etwas zu bündeln. Nur ein paar Klicks weiter ist das Netz doch voll von ausreichend Positivem zum Thema, auch hier im Forum. Das Internet ist doch eher geflutet von exponierten Äußerungen der vielen glücklichen Returnees und Agenturen, bei denen alles traumhaft gelaufen ist. Dagegen ist dieser kleine Chatstream an Systemkritik prozentual ja gar nichts… Also wer auf der Suche nach positiver Kritik ist, muss ja hier nicht mitlesen und wird sicher woanders sehr schnell fündig?
Niemand von uns hat zudem je behauptet, es gäbe sie nicht, die guten Geschichten. Auch sprechen wir nur von den USA, und hier nur vom J-1 Problem. Nur sind die negativen Erfahrungen eben keine Einzelfälle, haben viele unserer Kinder und unsere Familien über ein Jahr lang und bis heute sehr belastet. Unsere Kritik geht dahin, dass bis auf extrem wenige Ausnahmen (eine Agentur, die diese Ausnahme ist, hat das J-1 aus dem Programm genommen!) alle Agenturen es aber so darstellen, als hätten wir schlecht recherchiert, Pech gehabt oder wären mit falschen Erwartungshaltungen rangegangen. Dabei wurden eben diese durch die Agenturen geschürt. Proaktiv erwähnten die Agenturen Probleme nie und auf auf konkrete Rückfrage hin nur selten und dann eben mit den erwähnten Abschwächungen oder Verniedlichungen. Das ist angesichts der Gefahr, die den Kindern drohen kann, nicht in Ordnung, und ich bin froh, dass euer Kind gar nicht erst in eine solche Situation gekommen ist und ihr die Möglichkeit hattet zu stornieren. Ansonsten bemängeln wir das nicht ausreichende dt. Gastschulrecht.
Was die Abmahnungen durch Anwälte über große Portale angeht, wenn du das nicht glaubst, probiere es gerne einmal im Selbstversuch. Mittlerweile mahnen Unternehmen ihre Kunden bereits über Anwälte ab, wenn man ein Restaurant mit drei von fünf Sternen bewertet und dann keine Quittung vorlegt, dass man dort wirklich zu Gast war. Mir sind persönlich Kunden bekannt, denen dies im Bereich USA High School Jahr geschehen ist, und auch Kritiken von mir selbst sind auf Portalen plötzlich einfach verschwunden. Eine sehr befremdliche Entwicklung, meine ich.
Auch werden viele Streitverfahren durch Vergleiche beigelegt, bevor es zum Gerichtsverfahren kommt, der Kunde stimmt zu, sich nicht mehr negativ zu äußern, dafür dass er sein Geld zumindest anteilig oder ganz zurückerhält. Auch Kindern, die sich in den USA negativ äußern, zB in der High School über die Situation in der Gastfamilie, droht Visumsentzug und Rauswurf. Du wirst verstehen, dass sich solche Geschichten nicht im Internet lesen. Aber man sollte vlt statt der Frage nach dem Repräsentativen besser überlegen, mit welcher Intention hier Eltern immer noch Zeit investieren und schreiben, obwohl unsere Kinder das Ganze schon hinter sich haben - und welche Intention die Agenturen verfolgen. Wir möchten Eltern warnen und Kinder schützen, auch wenn das nicht jedem gefällt. Wie gesagt - dann einfach woanders weiterlesen oder eine Messe besuchen.
Ich empfehle ansonsten nochmals den Beitrag von STRG-F, der etwas über das System Auslandsjahr berichtet.
Wäre alles nur ein Exotenthema, gäbe es vermutlich das CSFES nicht, das Committee for Safety of Foreign Exchange Students. Bei Fragen zu einer ‚reellen Statistik‘ wende dich auch gerne zB an Ms Grijalva von der Institution in den USA. Auch diese Website interessant und ernüchternd.
https://www.csfes.org/home.html
Repräsentative deutsche Studien gibt es deswegen nicht, da keine öffentlich beauftragt wird, das könnte zB die Regierung, das Auswärtige Amt, man müsste alle Kinder mit einem J-1 Visum befragen, um das repräsentativ abzubilden. Hierzu gibt es neben Datenschutzproblemen auch ein zu geringes Interesse, welches sich auch im Gastschulrecht widerspiegelt. Die Studien und Beiträge, die es gibt, werden von Veranstaltern / Agenturen oder Gruppierungen idR selbst erhoben, auch bei Testberichten, Verbänden, Beratungsseiten und beratenden Stellen für Verbraucherschutz stecken - ein Blick ins Impressum genügt - meist Agenturen dahinter. Man erhebt Daten und kontrolliert seine eigene Branche, ist Vorstand und Aufsichtsrat zugleich. Auch die Basis von Testsiegeln ist interessant, da steht als Parameter für die Qualität der Agentur zB, dass diese Agentur gut ist, weil sie ‚Emails schnell beantwortet‘ und den ‚Empfänger persönlich anspricht‘. Die Qualität der Platzierung oder ein Faktencheck über den Wahrheitsgehalt der Aussagen in der Akquise fragt man nicht ab. Die Ergebnisse von Umfragen der Agenturen verbleiben zumeist bei den Agenturen.
Offizielle Erhebungen aus der Agenturwelt kann man hier nachlesen: weltweiser-Studie: Statistik, Daten und Fakten zum Schüleraustausch
Durchaus interessant für einen Einblick, doch wie viele der per Statistik freiwilligen Abbrüche wirklich freiwillig waren und viele andere Fragen, zum Beispiel über die Umsätze in der Branche, werden dort leider nicht abgehandelt. Die dieser Studie zugrunde liegenden Daten stammen nach meiner Information ebenfalls aus Fragebögen, die deutsche Agenturen und Organisationen, die im Bereich Schüleraustausch tätig sind, freiwillig ausfüllen. Des Weiteren fließen Daten des Statistischen Bundesamtes und Hochrechnungen sowie Schätzwerte für privat organisierten Schüleraustausch mit in die Studie ein. Ich bin mir sicher, dass die dort genannten Zahlen stimmen - man sollte auch diese jedoch in Relation zur Erhebungsbasis setzen.
Du siehst, so einfach ist das leider alles nicht - aber ich freue mich immer über jeden, auch kritischen Dialog. Auch den von Agenturen, wie es denn mal mit einem agenturübergreifenden, von Eltern angefertigten, Fragebogen an die Kinder wäre, deren Ergebnisse allen Interessierten zur Verfügung gestellt würden. Begleitet natürlich von einem professionellen externen Unternehmen.
Ich hoffe im übrigen von Herzen, dass es den Kindern vor Ort aktuell gut geht.