Hallo, ich bin neu in diesem Forum angemeldet, aber schon länger eine stumme Leserin. Wir haben nun heute nach ewig langem warten eine Gastfamilie für unseren Sohn bekommen. Laut unserer Organisation soll er am Sonntag fliegen.
Allerdings haben wir starke Bedenken zur Eigning der Familie. Natürlich werden wir noch einen Video Call machen, aber ich wollte mich bei euch erkundigen, ob es Möglichkeiten gibt eine Gastfamilie abzulehnen.
Die Familie wohnt in Wyoming meilenweit entfernt von jeglicher Nachbarschaft, der Vater ist schwer an Multiple Sklerose erkrankt. Der 15-jährige Sohn ist stark übergewichtig und hat seid kurzem auch Diabetes. Die Familie verbringt ihre Zeit mit Videospielen und lebt in einem Mobile Home. Zudem hat die Highschool nur 190 Schülerinnen und Schüler, womit das Sportprogramm natürlich auch sehr eingeschränkt ist. Der nächste Ort, der aber auch über 5 Meilen entfernt ist und jenseits eines Highways liegt, hat 3000 Einwohner.
Unser Sohn ist sehr unglücklich und wir können ihn verstehen. Vor allem die schweren Krankheiten des Vaters und des Sohnes machen mir Sorgen, da sich deren Zustand natürlich auch verschlechtern kann.
Ich habe jetzt lange überlegt, ob und was ich darauf antworten soll…so viele red flags schon im Vorfeld!
Die MS erscheint mir noch nicht mal als das Hauptproblem oder konntet ihr in Erfahrung bringen, wie einschränkend sie sich auf die Lebensqualität bereits jetzt auswirkt? Mir würden eher die Stimmungsschwankungen, die mit dieser Krankheit einhergehen können, mittelfristig Sorgen bereiten…
Dass der Sohn Diabetes hat, kann sich natürlich negativ auswirken, obwohl ich einige Kinder mit Diabetes (allerdings nicht aufgrund von Übergewicht) kenne, die, wenn gut medikamentös eingestellt, völlig uneingeschränkt an einem normalen Teenager-Leben teilhaben können.
Gibt es eine Mutter, Geschwister? Sind sie noch erwerbstätig?
Den Rest in diesem ganzen Konvolut aus Unfassbarkeiten: ohne Worte! Ich würde das niemals einem Kind zumuten! Wobei ein Mobile Home im besten Fall nicht ein runtergerupfter Camper sein muss…
Allerdings kann ich mir - da selbst erlebt - die Antwort der Agentur schon vorstellen, solltet ihr nachfragen, ob so ein Placement zumutbar ist: natürlich ist es das!
Wie so oft, steckt ihr in der Zwickmühle…es ist kurz vor knapp und die Wahrscheinlichkeit, eine andere Gastfamilie zu erhalten, ist gering…furchtbar!!
Ich würde mit heutigem Wissen rigoros ablehnen!!! Aber das heutige Wissen hatte ich vor einem Jahr leider auch nicht….
Ich wünsche euch alles Glück bei der Entscheidung!
Unabhängig davon, ob man das Placement ablehnen kann, ist die Frage, ob dein Sohn damit glücklich wird. Was du so beschreibst, wird es schwierig werden. Daher gut gemeinter Rat: lieber ablehnen und weiter das schöne Leben in Deutschland leben als annehmen und unglücklich sein. Die mentale Gesundheit deines Sohnes ist wichtiger als das Geld, das man vielleicht dabei verliert.
Ihr könnt jetzt nach 651u BGB stornieren, aber diese Familie nicht ablehnen und eine Alternative fordern. Es ist immer alles zumutbar und eben der amerikanische durchschnittliche Standard, bis auf die oft genannten wenigen Ausnahmen wie zb Alleinstehend oder etwas, das schriftlich vertraglich ausgeschlossen war. Die Storno Möglichkeit habt ihr, da zwischen Bekanntgabe der Familie und High School und der geplanten Ausreise weniger als 14 Tage liegen. Ich würde mein Kind nicht in diese Situation reisen lassen, da wie wir wissen die Chance, sollte dieser Versuch in die Hose gehen, dass dann eine adequate Alternative seitens Agentur kommt, marginal ist. Aber wie wir auch schon lasen, vlt ist dann die Alternative bei einem neuen Versuch wie zb Australien für ein halbes Jahr, besser. Für mich wäre es in jedem Fall ein NoGo.
Muss mich meinen Vorrednern anschließen. In eine Familie mit zwei Menschen zu kommen, die krank sind, noch dazu eine so kleine Highschool, so dass die Möglichkeit, sich einen Verbündeten zu suchen, wenn es schlecht läuft, sich erheblich verringert, ist kein kultureller Austausch, sondern eine Zumutung.
wir waren vor einem Jahr in einer ähnlichen Situation.
Wir hatten kein gutes Bauchgefühl und haben das placement abgesagt.
Der 651u trat in Kraft, da die Zusage am 31.08. kam und am 02.09. sollte meine Tochter losfliegen.
Als abends die Infos über die GF vom Geschäftsführer unserer Orga höchstpersönlich kamen, war meine Tochter so verunsichert, dass wir die amerikanische LC angerufen haben (Telefonnummer muss auf dem letter stehen) und nach einem kurzen unfreundlichen Telefonat mit diversen Infos, war uns klar:
Nein. Da lassen wir unsere Tochter nicht hin!
Und es war die richtige Entscheidung!
Sie hat sich direkt nach einer Alternative umgeschaut und ist auf Australien gestoßen.
Dort war sie von Januar bis Juni und hatte die beste Zeit ever!
Ich erwähne dies so oft hier, weil es mit der Betreuung von Anfang bis Ende so unglaublich transparent und liebevoll war.
Und ich so oft Tränen vor lauter Dankbarkeit in den Augen hatte.
Wenn jemand nähere Infos darüber haben möchte, sehr gerne
USA ist nicht alles. Die Welt ist so viel größer.
Und das typ. Highschool Leben findet man auch an anderen Orten.
Ich würde das Placement ablehnen!!!
Den 651u ziehen.
Und evtl eine Alternative überlegen.
Mit einer anderen Orga!!
Denn mal ehrlich, warum nimmt so eine Familie einen ATS auf?
Ich denke, es sind wieder Gelder geflossen….
Das Abflugdatum solltet Ihr schriftlich haben, falls Ihr 651u anwenden wollt.
Ansonsten würde die Orga versuchen einen späteren Abflugtermin zu organisieren, um eine Rückzahlung zu umgehen.
Wenn ein anderer Abflugtermin also über 14 nach Bekanntgabe gelegt wird, gilt der 651u nicht und es wird schwierig mit einer Rückzahlung.
Vielen, vielen, Dank für eure Antworten. Das hilft mir sehr.
Unser Bauchgefühl, und vor allem das von unserem Sohn war so schlecht, dass wir heute bereits bei der Agentur gekündigt haben. Ich denke ein Rücktritt ist möglich, denn im Formular war als Abflugdaten bereits der 29. August angegeben, und die Agentur hatte uns in der Mail anvisiert, einen Flug am Sonntag 1.9. organisieren zu wollen. Damit ist die Zeit auf jeden Fall deutlich kürzer als 14 Tage. Es ist bitter, aber unser Sohn ist geradezu erleichtert, dass diese Entscheidung nun getroffen wurde. Wahrscheinlich werden wir tatsächlich Australien oder Ähnliches ab Januar in Betracht ziehen.
Viel Glück an die vielen, die jetzt noch keine Familien haben oder denen es ähnlich gehen wird. Immerhin wissen wir, wie wir es für uns vor zwei jüngeren Töchter definitiv nicht machen werden. …
Hallo wir sind nicht direkt betroffen können aber auch eine Geschichte zur Auswahl der GF erzählen. Unsere Tochter war zum Glück nur eine kurze Zeit in den USA. Unsere deutsche Organisation hat sich bei der Beschwerde am Ende auch nicht angemessen verhalten. Das war eine von den 3 großen Gemeinnützigen…
Jetzt noch eine andere Frage. Eine große Organisation die in den USA auch vertreten ist rühmt sich, dass alle Austauschschüler plaziert sind und alles super läuft. Sie beginnen schon mit der Suche für Januar bzw. Sommer 2025 Stimmt das? Habt ihr da etwas mitbekommen?
Dich verunsichert was du liest.
Wenn du alles gelesen hast, weißt du ja warum die meisten keine Namen nennen.(Weil es eben egal ist, welche Orga du wählst)
Zum PPP: auch da werden mit Partnern in den USA Familien gesucht…und auch da gibt es unerhörte Fälle, die ohne Grund nach Hause geschickt wurden.
Ich verstehe die Hoffnung von allen, die sich informieren wollen, verstehe auch, dass man unsere Schilderungen einerseits glaubt, aber andererseits denkt, man könnte so etwas verhindern, in dem man es „besser“ macht.
Fragt euch mal, wenn auf einmal doch noch Familien heute oder in den nächsten Tagen gefunden werden, ob diese nicht gerade ein Kind los geworden sind, ob ein Kind diese Familie gerade verlassen hat.
Ja, es kann alles toll werden. 50% Wahrscheinlichkeit wären mir mittlerweile zu wenig, würde ich meinen Kindern nicht mehr zumuten wollen.
Mit heutigem Wissen hätte ich 2 Organisationen parallel beauftragt und sobald das erste akzeptable Placement gefunden ist, die andere storniert. Stornokosten von ein paar tausend Euro hin oder her….
Mit dem heutigen Wissen hätte ich gar keine Agentur mit der „Beschaffung“ einer Gastfamilie über ein J1-Visum beauftragt und mein Kind in dem Glauben bestärkt, dass sich die Welt auch nach dem Abitur noch dreht😉.
Das Problem ist letztlich doch nicht, eine irgendwie geartete Gastfamilie zu erhalten…selbst wenn Du alle großen, kleinen oder gemeinnützigen Agenturen beauftragst, hast Du letztlich keine Sicherheit, wie die Familien dann tatsächlich vor Ort ticken…Papier ist ziemlich geduldig!
Ich, ohne Jurist zu sein, denke, hier greift nicht der 651 sondern eher allgemeines Vertragsrecht. Unsere Orga hat „den Fehler“ begangen, mit einer Platzierungsgarantie zu werben, auch im Vertrag/Angebot findet sich die Formulierung Garantierter Schulplatz.
Ich als Kaufmann habe mal gelernt, in Angeboten/Verträgen niemals das Wort Garantie verwenden. Ansonsten ist man ganz schnell beim §444 BGB, womit man bei einer gegebenen Garantie keine Haftungsbeschränkung mehr geltend machen kann.
Sollte eure Orga sich weigern, die sonstigen entstandenen Kosten zu erstatten, würde ich einen Anwalt befragen.
Neben Sevis-Gebühr, Visa-Gebühr und Kosten für den Versand des Visums fallen mir auch noch die Aufwendungen für die Fahrt zum Konsulat ein…
Hanns Peter, das ist in der Tat unfassbar, dass das Recht so wenig auf Jugendschutz und zudem meist auf Seiten der Agenturen ist. Dasselbe sagte mir eine Anwalt Freundin auch, mit der Garantie oder auch, dass am Ende die Agenturen ja quasi Luft Angebote verkaufen, also den vollen Preis nehmen Monate bevor sie eine leistung überhaupt in Händen halten, nämlich Familie und High School. Aber es hat sich über Jahrzehnte ein perfides System entwickelt, bei dem man es rechtlich sehr schwer hat, und sobald das Kind US Boden betritt, noch schwerer. Bei der Garantie wird dies oft durch kurzfristige Unterbringung in boarding schools oder boarding houses umgangen, also man wirft die übrigen Kinder in eine Art Hostel. Meist steht alles irgendwo in den hunderten Seiten, die man ausfüllt, doch irgendwo rein gequetscht. Auch von der Fürsorge oder Informations Pflicht ist doch bei den Agenturen nix zu sehen, auch das interessiert vor Gericht nicht. Das Gastschulrecht unterliegt dem Reiserecht und nur der 651u befasst sich konkret mit dem gastschul recht. Ich habe mehrere juristische Stellungnahmen gelesen, die das Recht völlig unzureichend finden. Nur interessieren tut es den Gesetzgeber nicht. Auch ich dachte immer, Jugendschutz im deutschen Recht sähe anders aus.
Die Sache ist, dass wenn es klappt, eine Beziehung für Leben entstehen kann. Ich bin in dieser Geschichte ziemlich blauäugig hineingegangen- es war mir nicht bewusst, rs könnte zu Schwierigkeiten kommen- aber alles hat sich gut entwickelt und meine Tochter hat eine Zweitfamilie gefunden. Es hat sich wirklich gelohnt. LG