Liebe Sunny, liebe alle, wie schon etwas weiter oben geschildert, haben wir persönlich das große Glück, dass unser Kind in eine liebevolle Gastfamilie gekommen ist und an der High School soweit alles läuft, aber betrachten dies noch immer als Zufallstreffer - von der extrem späten Platzierung und der nicht erfolgreichen Staatenwahl mal abgesehen (die wir noch immer als größten Werbewitz der Agenturen betrachten).
In unserem und dem Umfeld unseres Kindes vor Ort gibt es aber leider definitiv Fälle im High School USA Programm, bei denen es ganz und gar nicht gut läuft. Kann passieren? Nicht repräsentativ? Gut möglich. Was wir aber mit größter Sorge beobachten - und dies dürfte nicht in auch nur einem einzigen Fall passieren - dass fast alle Kinder, bei denen es Probleme gibt, in der Regel (und nicht im Einzelfall) mit ihren Sorgen und Nöten völlig auf sich alleine gestellt sind. Statt (Ab)hilfe zu leisten, scheint der Wunsch, dass von Problemen oder Missständen nichts nach außen dringt, das oberste Interesse mancher Gastfamilien, Local Coordinator und Agenturen zu sein. Auch die verzweifelten Versuche der Eltern, von Deutschland aus eine Lösung zu finden, schlagen oft fehl.
Bei den Problemen geht es übrigens nicht, wie ich auch schon zu hören bekam, um den nicht erfüllten Traum vom Beach House mit Palmengarten, ganz und gar nicht. Es gibt Unterbringungen in absolut verwahrlosten Messi-Häusern, die ohne Frage überhaupt keinem hygienischen Standard entsprechen - der Euphemismus der Agenturen lautet dazu ‚wir erwarten Flexibilität der Kinder‘ oder ‚das entspricht dem amerikanischen Standard/Durchschnitt‘. Davon ist in der Akquisephase natürlich gar keine Rede! Es gibt leider auch nicht nur die angepriesenen wunderbar über Monate durchgecheckten liebevollen und unterstützenden Gastfamilien, die ein Kind aus reiner Nächstenliebe aufnehmen - es gibt durchaus auch negativ eingestellte, manipulative oder einfach überforderte Gastfamilien und Local Coordinator, die das Gegenteil von dem tun, was uns in der Anwerbephase vermittelt wurde. Statt dem Kind ein Zuhause zu geben und bei Problemen zu unterstützen oder im begründeten Ausnahmefall eine alternative Gastfamilie zu suchen, scheint es manchmal im Gegenteil sogar das Interesse zu sein, das Kind so schnell wie möglich aus dem Programm zu katapultieren, oft mit an den Haaren herbeigezogenen Gründen. Vielleicht fließt hier Provision pro eingereistem Kind, nicht pro bleibendem Kind, man weiß es nicht, man findet in jedem Fall durchaus Einträge auf Facebook, wo Familien, insbesondere Welcome Families, entgegen der Aussage der Agenturen Geld für die Aufnahme eines Kindes winkt. Offenbar wird manchen Gastfamilien auch versprochen, es käme ein Babysitter oder eine Putzfrau ins Haus statt eines Schülers, der wie zu Hause auch im Haushalt hilft, jedoch per se ein Schüler und Kind ist. Das ist traurig, doch das Hauptproblem sind nicht diese Situationen - das Hauptproblem ist, dass es in einem solchen Fall meist keine Lösung oder Wechsel der Familie gibt, sondern eine Abreise unter Tränen!
Den Kindern, von denen mir persönlich bekannt ist, wird dann gerne unterstellt, sie seien das Problem, alles, was sie sagen, wird gegen sie verwendet. Es ist unmöglich für einen Teenager in einer solchen Situation, sich dagegen zu wehren oder dem zu entziehen! Doch wenden sich dann die Eltern an die deutsche Agentur, ihren Vertragspartner!!!, machen die deutschen Agenturen (und auch aus anderen Nationen) in mehreren mir bekannten Fällen gar nichts und wälzen das Problem auf die amerikanischen Agenturen ab. Das sind für mich keine zahnlosen Tiger, sondern scheint ein bewusstes Kalkül zu sein.
Mein Rat ist, hier viel schneller einen Anwalt einzuschalten - wissend, dass dies oft lediglich die Ausreise des Kindes unterstützt und keine Lösung vor Ort herbeiführt. Denn am Ende war das Kind auf US-Boden, die Provisionen sind damit berechtigt geflossen und das Ziel der Agenturen scheint erreicht. Dies ist das Bild, dass sich mir leider aktuell erschließt - vom Public High School Traumland USA scheint nicht viel übrig zu sein.
Was den ‚durchschnittlichen amerikanischen Standard‘ der Zustände in einigen Häusern angeht, der es offenbar verklausuliert möglich macht, jeden Gastfamilien-Wechsel zu unterbinden, hätte ich mir gewünscht, von diesen ‚real life‘ Bildern mal ein paar in den hübschen Werbeflyern gesehen zu haben, auf Social Media oder den ganzen Messen. Ich halte die gesamte Akquise für eine rechte Schönfärberei und Tatsachenverdrehung. Leider zieht sich das Bild über viele deutsche Agenturen und ebenso viele amerikanische Partneragenturen hinweg, sodass ich euch nicht einmal raten könnte, welche Agentur da besonders positiv herausstechen würde.
Sehr geehrte Agenturen - was ist da los? Wir reden hier von Minderjährigen, die zum Teil erschöpft, traurig, beschämt oder gar traumatisiert zurück kommen, nicht von einem verpatzten Urlaub auf Mallorca! Sie könnten sich doch gerade dadurch auszeichnen, diesem System einen Riegel vorzuschieben - und sei es nur dadurch, dass Sie dieses Modell aus dem Programm nehmen, den Fokus auf andere Länder richten, nicht mehr auf diese Weise mit den amerikanischen Agenturen kooperieren oder ein seriöses und verlässliches QM etablieren - und dagegen die Energie in der oft irreführenden Akquise etwas zurückfahren.
Ich bin entsetzt und hätte unser Kind - auch wenn wir wie gesagt Glück hatten - niemals an einem Austauschjahr mit dem Public School Modell in den USA teilnehmen lassen, hätte ich von dieser Vielzahl an Problemen im Vorfeld gewusst. Bei den mir bekannten Freunden in anderen englischsprachigen Ländern halten sich die Probleme oder Notfälle im akzeptablen Rahmen. Ich habe durchaus im Vorfeld recherchiert, doch wenn man nicht gezielt Begriffe wie ‚Alptraum‘ oder Ähnliches googelt, findet man viel weniger über diese Missstände als es das Thema fordern würde. Zudem war unser Kind, wie viele andere, von der Werbeflut besonders auf Social Media, völlig auf USA fokussiert und fand uns übertrieben oder ‚helikopter‘, als wir unsere Bedenken äußerten. Wir werden, sobald unser Kind sicher zu Hause ist, unsere Erfahrungen mit Sicherheit auf allen einschlägigen Portalen teilen und möchten jeden bitten, dies auch zu tun, um Eltern und Kindern zu informieren und zu warnen, das Ganze einmal mehr zu hinterfragen.
Wenn ihr Ähnliches erlebt habt oder auch Schönes, das ihr mit uns teilen wollt, schreibt gerne weiter in diesem Chat oder per PN. Selbstverständlich freue ich mich auch über (troll-freie) gute Erfahrungen! Es geht um Transparenz und den Schutz unserer Kids, denen wir Eltern - die by the way viel Geld bezahlen - das Traumjahr ihres Lebens wünschen. Egal wo.
Herzliche Grüße sendet USAFragen mit noch mehr Fragen als vor einigen Wochen.
PS: Ich bin inzwischen ein recht geübter Troll-Detektor - lasst es einfach, steckt die Energie wie gesagt lieber in eine Lösung statt ins virale Marketing. Social Listening sollte mehr sein als unreflektiert einfach die Werbefahne dagegen zu halten. Über ernst gemeinte und transparente Dialoge mit Agenturen, deutschen wie amerikanischen, würde ich mich jedoch nach wie vor sehr freuen.