Hallo,
ich glaube, ein Problem bei dieser Diskussion ist, dass sich anscheinend die Eltern aller USA-ATS angegriffen fühlen? Ob zu Recht oder zu Unrecht - das ist sicher auch eine Frage, wie man diskutiert. Die einen mögen es sanft & freundlich, während andere eine harte, aber faire Diskussion bevorzugen, von der sich die ersteren vermutlich angegriffen fühlen (würden).
Ich war auch als ATS in den USA. Und ich hatte in der Summe ein tolles Jahr - auch wenn es Probleme und einen GF-Wechsel gab. Ich fühle mich trotzdem von der Diskussion nicht angegriffen (ich bevorzuge grundsätzlich auch harte Diskussionen, solange sie fair bleiben ;)), weil ich meine, dass die USA EIN Weg sein kann, ins Ausland zu gehen. Weder Königsweg, noch Holzweg. Es kann ja Gründe, abseits der Sprache, geben, warum jemand unbedingt ein Jahr in den USA leben möchte (z.B. „weil man das Leben dort gelassener angeht“, „weil ich mal mitten in den unendlichen Weiten leben möchte“ etc.) - und es sagt ja niemand, dass die USA schlecht sind. (Ich will dahin auswandern.) Nur sind es andere Länder eben auch nicht.
Als wir 2003 mit ein paar Freunden in den Urlaub fahren wollten, wurde demokratisch abgestimmt, wohin. Ergebnis: Polen. Damals konnte ich mir das gar nicht vorstellen, dass das schön wird. Ganz ehrlich - ich wollte da nicht wirklich hin und war ziemlich arrogant und abgehoben und voller Vorurteile. Ich denke, das ist vielleicht auch, was Grottenolm in ihren Beiträgen ansprechen wollte? Dass man unbewusst Vorurteile und Ängste hat, was den Osten und andere, vllt. nicht westliche Länder angeht? Ich kann dazu nur sagen: Ich hatte den Urlaub meines Lebens. Ich bin danach noch viele Male nach Polen gefahren, war dort auf Studienfahrt, etc. - und wenn es eine Ryanair-Verbindung in meiner Nähe nach Krakau gäbe, würde ich sofort buchen. 
Daraus schließe ich, dass man sehr gut recherchieren sollte, bevor man sich - vllt. vorschnell - für ein Land entscheidet. Die Entscheidung, wohin man geht, sollte aus meiner Sicht deshalb NACH der Entscheidung für den Schüleraustausch fallen. Und: je weniger Erwartungen, desto höher die Spanne der Überraschung und Freude. Je mehr Erwartungen, desto höher der Fall.
Wenn man jetzt vom „Urgedanken“ des Schüleraustausches ausgeht (…), ist ein Austausch mit den USA, Neuseeland, Australien, vielen europäischen Ländern vollkommen sinnlos, viel zu ähnlich mit unserer „Kultur“.
Ich bin unschlüssig, ob das Ironie oder Ernst sein soll?
Naja. Nach dem Abi war ich einen Sommer als Au-Pair in Spanien. Und hatte einen weitaus größeren Kulturschock, als in den USA, oder als ich später nach Thailand (wenn auch nur zum Urlaub) geflogen bin. Das kann ich also so nicht bestätigen, dass die Kulturen in Europa zu ähnlich sind, oder fernere Kulturen ganz anders sind. :o Ich denke, selbst ein Austausch mit Österreich oder der Schweiz würde schon weiterführen und sehr interessant sein. Oder in die Niederlande. Manch einer mag schon irritiert davon sein, dass dort kaum jemand Gardinen hat. 
Fazit: Jeder Schüleraustausch kann zur Völkerverständigung beitragen. Man muss sich dessen nur bewusst sein, und es wollen. (Und hierbei möchte ich nochmal kurz darauf hinweisen, dass es Völkerverständigung und nicht Volksverständigung heißt - es sind also immer mehrere Parteien darin eingeschlossen! Schüler, Eltern, (Gast-)Familie, Freunde und mehrere Nationen. Wer aber den Schüleraustausch nicht dazu nutzt, Botschafter zu sein, der wird allen beteiligten Ländern sicherlich nicht dienen, sondern eher noch die Vorurteile schüren…) Zwingen, in ein bestimmtes Land zu gehen, kann man niemanden. Doch sollte man die Motivation und die Gründe für den Austausch hinterfragen, wenn man denn die Völkerverständigung nur mit einem ganz, ganz bestimmten Land will. (Und dieses Hinterfragen kann dann je nach Situation zu unterschiedlichen Ergebnissen führen.)
Liebe Grüße,
Wiebke