Von der Organisation "allein" gelassen

Hallo zusammen,

meine Tochter ist aktuell in den USA und musste die Familie wechseln. Nichts schlimmes, aber die Beteuung seitens der Organisation ist absolut ungenügend und unprofessionell. Erst wurde sie aus der Familie genommen, ohne dass eine wirkliche Problemlösung stattgefunden hat, dann wurde sie von einer Koordinatorin zur nächsten gebracht, jetzt ist sie bei einer Auffangfamilie (auf unser Drängen darf sie da auch erstmal bleiben!). Leider geht sie jetzt seit ca. 5 Wochen nicht mehr zur Schule - die Schule bei der Auffangfamilie nimmt aktuell keine Austauschschüler - und die Suche nach einer neuen Familie bzw. Unterstützung durch die Orga findet faktisch nicht statt! Hat jemand ähnliche Erfahrungen gemacht und hat Infos, was man jetzt tun kann (zB Anwalt einschalten etc.)?

Ich habe ähnliche Erfahrungen gemacht. So toll die Idee eines Austausches mit einer Organisation ist, eigentlich gibt es nur 3 Möglichkeiten für den Verlauf:

:grinning: - Entweder hat man das Glück an den richtigen Ort zur richtigen Familie zu kommen. Dann spielt die Organisation kaum eine Rolle, ausser dass sie vielleicht bei der Wahl der Vor-Ort-Partner, Familien und Teilnehmer schon mehr oder weniger Sorgfalt ansetzt und Erfahrung hat. Man hat relativ viel Geld bezahlt und dafür relativ wenig Leistung bekommen. (Die Organisation muss ja nicht sehr viel machen.) Das ist aber egal. Wenn der Austausch nicht wegen persönlicher Gründe (Heimweh!) abgebrochen wird, dann ist es ein wunderbares Erlebnis und dann spielt das Geld auch keine Rolle. Es hat sich einfach gelohnt. Prima.

ODER ES LÄUFT NICHT GUT:

Dann ist die Organisation und die Art der Unterstützung wichtig.

:confounded: - Die Organisation kümmert sich um das Problem und es wird z.B. eine andere Familie gesucht (und gefunden!). Jetzt muss die Organisation wesentlich mehr leisten und hier zeigt sich ob man die richtige gewählt hat. Jetzt wird das bezahlte Geld vollständig eingesetzt und man erhält eine Leistung die so nicht unbedingt gewünscht war aber jetzt plötzlich wichtig ist. So etwas wie eine Versicherung also.

Viele Berichte hier zeigen aber, dass wohl häufig die letzte Variante eintrifft:

:face_with_monocle: - Die Organisation kümmert sich nicht oder nur schleppend um das Problem. Man kann als Eltern nicht wirklich eingreifen weil man weit weg ist. Genau darum hat man aber eine Organisation beauftragt und den Austausch nicht selbst organisiert. Man ist eigentlich der ‚Betrogene‘, denn man hat doch gerade für diesen Fall, sollte er wider erwarten eintreffen, auch bezahlt. Das ist wie ein Versicherung, die im Schadensfall nicht leistet.

Wie man bei Versicherungen vermutet, verdienen sie ihr Geld mit allgemeinen Versprechen, die im konkreten Einzelfall aber gerade ausgeschlossen sind. (–> Kleingedrucktes).

Es ist traurig wenn Austausch-Organisationen dieses Prinzip übernommen haben.

Aber da es wohl ein Problem mit dem Geld ist, kann man vermutlich auch nur hier angreifen. Eine kommerzielle Organisationen, der man das Geld entzieht, muss handeln. Klasse wäre es, wenn man erst nach der Reise bezahlen könnte. Das macht aber ganz sicher niemand.

Im deutschen Recht kann man den Vorgang aber umdrehen. Man kann vom Vertrag zurücktreten und das bezahlte Geld zurückfordern. Dafür braucht man stichhaltige Gründe. Es ist hier wichtig alles möglichst schriftlich zu dokumentieren und der Organisationen auch eine Frist und auch eine Nachfrist zu setzen. Geschieht nichts, ist der Rücktritt rechtmäßig * und das Geld kann zurückgefordert werden.

Das wird eine Organisation nicht freiwillig ausbezahlen und man braucht hier sicher Unterstützung vom Anwalt.

Nun ist es aber nicht das Hauptziel, Geld zurückzubekommen, sondern die aktuelle Situation zu verbessern. Da aber letztlich Druck ausgeübt wird, muss sich die Organisation entscheiden, ob sie jetzt endlich aktiv werden will (das ist Arbeit) oder vielleicht in eine juristische Auseinandersetzung gelangen will (das ist auch Arbeit).

Wie sich die Organisation entscheidet bleibt dem Einzelfall überlassen. Ein Schreiben vom Anwalt, der die Missstände dokumentiert und den genauen Verlauf der bisherigen Kommunikation enthält, erhöht sicherlich den Druck erheblich.

Was man aber auch bedenken sollte, ist die Frage, ob mit dem zusätzlichen Druck nicht auch ein zusätzlicher Druck auf das Kind gelangen kann. Bei kleineren Kindern ist das ein Problem, bei fast Erwachsenen eher nicht. Und so bleibt es eine individuelle Abwägung.

Was die Gesellschaften auch nicht mögen: Wenn man seine Erfahrungen öffentlich macht. Zum Beispiel hier. Ich werde das nach Abschluss meines aktuellen Konfliktes tun und meine Organisation hat mir über ihren Anwalt mitteilen lassen, das sie das gar nicht mögen! Will heissen: Das könnte ihnen weh tun.

Hoteliers fürchten im Moment nichts mehr als das Web 2.0 und Tripadvisor etc. die User-Fotos aus realen Zimmern den Hochglanzprospekten gegenüberstellen. Vielleicht reinigt das irgendwann auch die Branche der Austauschorganisationen.

  • In den AGB der Organisationen steht natürlich, dass man keinerlei Ansprüche hätte. Am Ende entscheidet aber ein Gericht darüber. Klärung ggf. über Anwalt oder Verbraucherschutzorganisation.