Sorgerechtsfrage

Hallo zusammen,
ich bin neu hier und habe auch gleich das erste Problem.

Meine Tochter will im nächsten Sommer für ein Jahr in die USA und hat auch bereits die Zusage von einer Organisation :slight_smile:

Ich bin seit einigen Jahren geschieden und wir haben das gemeinsame Sorgerecht.

Nun geht es um die Unterschrift auf dem Austausch-Vertrag - mein Ex steht absolut nicht hinter der Idee des Auslandsjahres und will sich auf keinen Fall an den Kosten des Austausches beteiligen, auf dem Vertrag muss er aber als gleichberechtigter Vertragspartner unterschreiben. Damit würde er mit haften…

Er schlägt nun vor, dass er unterschreibt, ich ihm aber schriftlich zusichere, dass auf ihn keine Kosten zukommen. Oder er würde in der Sache des Austausches auf das Sorgerecht verzichten. (Geht so etwas? Ein Verzicht in nur einem bestimmten Bereich??)

Die Organisation würde eine Sorgerechts-Verzichtserklärung nur anerkennen, wenn sie durch Anwalt o.ä. bestätigt ist. Das ist mir zu kompliziert und langwierig - und ich habe keine Ahnung, was da noch an rechtlichen Folgen dranhängt.:confused:

Sympatischer ist mir daher gerade die Lösung mit der Kostenerklärung meinerseits, auch wenn mein Ex damit als Vertragspartner mit drinhängt.

Nun hat mir die Organisation gerade erklärt, dass es vorkommen kann, dass im Laufe der Vorbereitung oder auch während des Jahres in den USA erneut beide Elternteile Dinge unterschreiben müssen, die konnten mir aber nicht genau sagen, um was es sich dabei handeln könnte.

Daher jetzt meine Fragen: Hat schon jemand Erfahrungen mit diesem Problem? Was kann in den USA passieren, das eine erneute Unterschriften-Rennerei für mich nötig macht? (Eine ärztliche Vollmacht haben wir jetzt schon im Vertrag.) Macht es vielleicht doch Sinn, den Sorgerechtsverzicht anzuleiern? Worauf müsste ich bei den jeweiligen Formulierungen achten?

Da ich gehört habe, dass viele das Problem “Ex-Partner will nicht für den Austausch zahlen” haben, hoffe ich, hier Tipps zu bekommen, wie man sich in diesem Fall am besten absichert.
Vielen Dank!
Nordstern

Während des ATJ habe ich genau zwei Unterschriften leisten müssen und das war für eine Reise in den Süden und eine Reise in den Norden von Argentinien. Die Bezahlung der Reisen selbst habe ich von Deutschland aus getätigt.

Sollte dein Ex nicht unterschreiben wollen, wende dich an das Jugendamt. Ich habe mal gehört, dass Jugendämter diese Unterschrift ersetzen können.

Ich nehme an, dass unsere Userin Wiebke sicherlich dazu mehr sagen kann.

Gruß graefinlwl

Ja. Ich denke mich da mal etwas rein und muss ein paar Vorschriften und Verfahren überdenken. Weiß nicht, ob ich es schaffe, mich noch heute dazu zu äußern, wenn nicht, mache ich das aber am Wochenende. :slight_smile:

Bei meinen Eltern ist es genauso gelaufen für die Vertragsunterzeichnung. Meine Mutter hat meinem Vater auch eine solche Erklärung geschrieben. Ich würde das einfach so machen. Dieses “Es könnte sein, vielleicht eventuell, dass man noch was unterschreiben muss, blubb” ist doch Schnickschnack. Zusätzlich kann dein Exmann doch einfach umgekehrt dir eine Erklärung schreiben auf der steht “Liebe Austauschorganisation, hiermit gebe ich mein Einverständnis dafür, dass meine Frau alleine unterschreiben darf”. Klar ist es der Orga wichtig, irgendwo abgesichert zu sein und nicht in jeden Privatstress irgendwelcher Familien reingezogen zu werden. Gleichzeitig arbeiten dort aber auch Menschen - und zwar ein anderer Schlag Menschen als bei der Arge oder ähnlichen Behörden - die bei der Austauschorganisation dürfen in den allermeisten Fällen selbst ihren Kopf benutzen. So eine schriftliche Erklärung dürfte denen eigentlich reichen.

Vielen Dank für Eure Antworten.
Da ich an diesem Wochenende eine Entscheidung treffen wollte, habe ich nun so eine Erklärung unterschrieben, mit der ich meinen Ex von evtl. Kosten freihalte.
Ich hoffe, dass damit nun alles zwischen uns geregelt ist…

Hallo,
so eine Erklärung wird nicht in deinem Sinne sein. Denn: womöglich kann dein Ex daraus ableiten, dass er seinen Unterhalt nicht zahlen braucht. Da kommt es sehr drauf an. Außerdem ist dir auch nicht geholfen, wenn du während des Jahres eine Unterschrift benötigst, und er dann etwas in die Länge zieht, oder nicht unterschreiben will.

Aus meiner Lebenserfahrung heraus halte ich es deshalb auch für nicht sinnvoll, solche Dinge “spontan” an einem Wochenende zu entscheiden, die weitreichende Wirkungen haben. Ihr habt ja auch nicht innerhalb von 48 Stunden entschieden, dass deine Tochter ins Ausland geht. :o Gut Ding will Weile haben.

Ich sitze nach wie vor an der Sache, und überlege, wie man sie am besten lösen kann.
Das Problem ist § 1626b BGB, wonach eine Abgabe einer Sorgeerklärung unter einer Zeitbestimmung unwirksam ist. Es ist aber nicht klar, ob im Umkehrschluss eine Sorgeverzichtserklärung unter einer Zeitbestimmung wirksam sein kann. (edit: Nach eingehender Prüfung bin ich überzeugt: Das ist nicht der Fall.)

Wenn es für euch von Interesse ist, mache ich mir gern Gedanken um eine Lösung. Wenn ihr das jetzt nicht mehr braucht, dann lasse ich das?

Liebe Grüße,
Wiebke

Hallo,
ich habe gerade schon eine PN an Nordstern geschickt, aber hier nochmal für alle, falls das Thema noch für jemand anderes relevant sein sollte.

Ich habe die Sache mit einem Familien-Richter besprochen. Seine Idee war, eine Sorgerechts-Ausübungserklärung zu verfassen. Ich habe mal gerade ein Muster entworfen:

“Der Kindsvater,…, erklärt sich damit einverstanden, dass (Kind) an einem Schüleraustausch teilnimmt. Für die Dauer der Abwesenheit und die den Schüleraustausch betreffenden notwendigen, organisatorischen Regelungen wird erklärt, dass die Kindsmutter,…, das Sorgerecht alleinig ausüben soll. Im Gegenzug erklärt sich die Kindsmutter bereit, die über den regelmäßigen Unterhalt hinausgehenden Kosten für den Schüleraustausch alleine zu tragen.”

Liebe Grüße,
Wiebke

Okay, das ist ja eigentlich auch nur die juristisch ausformulierte Version der vorher schon vorgeschlagenen “Erklärung” :wink:

Aber toll, dass du dir die Mühe gemacht hast.

Nein. Da muss ich dir leider klar und deutlich widersprechen. Die zuvor vorgeschlagenen Erklärungen waren entweder solche, die gegenüber der Organisation abgegeben wurden (dein Vorschlag: “Befugnis alleine Unterschriften zu tätigen”) bzw. gegenüber dem Ex-Mann (“Kostenfreihaltung”).

Die Sorgeausübungserklärung ist dagegen gegenüber JEDERMANN rechtskräftig. Damit hat - in meiner Mustererklärung die Mutter - quasi für das eine Jahr das alleinige Sorgerecht und ist alleiniger rechtlicher Vertreter des Kindes. Überspitzt formuliert: Sollte sich das Kind mit 17 im Ausland entschließen, zu heiraten, wäre ggf. ausschließlich die Zustimmung der Mutter, und nicht die des Vaters notwendig. Die Folgen sind also weitreichender und allumfassender und grundsätzlich verschieden von den hier vorgeschlagenen Erklärungen.

Insofern ist es gut, dass du da nochmal was zu geschrieben hast, denn vielleicht wird auch juristischen Laien der Unterschied klar. :slight_smile:

Ah, okay.
Warum braucht man denn dieses “komplette” Sorgerecht? Ist jetzt eine ganz naive Frage… aber das habe ich noch nicht ganz verstanden.

Kurz gesagt: Weil man nicht nur Verträge mit der Organisation schließt. Man benötigt ggf. Unterschriften für Versicherungen, Bafög; ärztliche Behandlungen etc. - Ärztliche Behandlungen wären z.B. nicht von der Erlaubnis “Unterschriften ggü. der Orga zu leisten” gedeckt.

Außerdem müsste ohne Sorgeausübungserklärung (juristisch gesehen) jedes Mal genau geprüft werden, ob die Erlaubnis des Vaters “Unterschriften zu leisten”, den konkreten Sachverhalt umfasst, oder ob er ggf. trotzdem gefragt werden muss. Das wäre z.B. der Fall, wenn das Kind den Austausch von einem Halbjahr auf ein Jahr verlängern möchte. Dafür wären dann wieder beide Elternteile gefragt. Wenn die Mutter aber “alle Entscheidungen alleine trifft”, während “das Kind im Ausland ist”, kann sie auch die Verlängerung allein unterschreiben (solange nicht die Dauer des Aufenthalts in der Erklärung genauer bestimmt wurde).

Dazu hat es noch einen praktischen Hintergrund: Wenn der Vater der Mutter die Ausübung des Sorgerechts erlaubt, kann die Mutter allein bei der Organisation einen Vertrag abschließen, d.h. sie ist alleiniger Vertragspartner. Das ist z.B. bei einer Insolvenz eines Elternteils relevant, weil eben nicht gegen den anderen vollstreckt werden kann. Nehmen wir mal an, die Eltern unterschreiben gemeinsam den Vertrag, wie hier, und die Mutter sichert dem Vater zu, dass sie die Kosten trägt. Wenn sie dann (aus welchen Gründen auch immer) zahlungsunfähig ist, haften die beiden gemeinsam gesamtschuldnerisch gegenüber der Organisation. Wenn die weiß, dass die Mutter nichts hat, könnte sie den Vater auf Zahlung verklagen, und die Forderung vollstrecken. Der hätte dann zwar den Anspruch (wegen der gesamtschuldnerischen Haftung auf hälftigen bzw. wegen der Vereinbarung auf gesamten) Ausgleich. Dieser Anspruch bringt ihm nur nichts - denn die Mutter ist zahlungsunfähig. Insofern ist er derjenige, der “in die Röhre schaut”. Wenn die Mutter allein den Vertrag geschlossen hat, geht die Orga leer aus. (Wobei das eher ein theoretisches Problem ist, denn die Zahlungen sind ja regelmäßig vor Abreise fällig. Der Schüler würde also nicht ins Ausland gehen…)

Alles klar soweit? :smiley: Ich hoffe, ich konnte den Unterschied ein wenig verständlicher machen. :o

Jap, vielen Dank.
Ich dachte halt bloß, so aus meiner persönlichen Erfahrung mit “Erzeugern” dass man das ja möglichst ohne zusätzlichen Streit über die Bühne bringen will, und ich befürchte, dass in deiner “abgesicherten Version” doch einige Väter mehr auf die Barrikaden gehen dürften, wenn die das Gefühl kriegen, ihnen soll jetzt das Sorgerecht abgenommen werden.

Es begann ja schließlich mit einer “Forderung” ihrerseits (also der Väter), einen Vertrag zu bekomen in dem steht dass sie nichts zahlen müssen.

Na ja, aber muss ja :mad: