Schlechte Erfahrungen Gastfamilie und Orga?

Hey,

ich war selber im Jahr 2019/2020 in den USA und musste leider schlechte Erfahrungen mit Gastfamilien und mit meiner Partnerorganisation in den USA machen (überforderte Gasteltern, Gastvater, der ganz offensichtlich durch seinen Job als Marine PTSD hatte, Gastschüler, die in ihren Familien nicht genug zu Essen bekommen, Organisationen, die über all diese Missstände Bescheid wissen, aber nicht helfen und die Familien weiterhin vermitteln, die teilweise sogar in Führungsposition der Partnerorganisation sind, etc.)
Jetzt habe ich mich in den letzten zwei Jahren gefragt, ob meine Gegend denn ein Einzelfall war oder ob ihr in anderen Regionen (ich war in Südkalifornien), vielleicht sogar in anderen Ländern, ähnliches beobachten könnt? Ist vielleicht jemand gerade noch im Ausland und sieht die gleichen Strukturen?

Vielen Dank für eure Antworten

Hi,

Ja, ich habe auch negative Erfahrungen gemacht mit meiner ersten Gastfamilie. Da war es so, dass die Familie über Corona zwei Kinder bekommen hatte und starke Allergien hatte. Das heißt: kein Gluten, keine Milchprodukte, keine richtigen Süßigkeiten. Weil Nahrungsmittel in Kanada sehr teuer sind hatte ich oft die Situation, dass ich hungrig ins Bett gegangen bin und das wegen der vielen Kinder so gut wie gar nichts mit mir gemacht wurde. Die Organisation vor Ort wusste nichts von den Allergien und hat sich verhältnismäßig lange gesträubt, mich wechseln zu lassen. Ich würde also auf jeden Fall sagen, das es entsprechende Probleme auch anderswo gibt. Was mir noch aufgefallen ist, ist das durch Corona der Kontakt zwischen den Gastfamilien und den Organisationen schlechter geworden ist und auch viele Familien aufgehört haben zu hosten. Es kann also sein, dass solche negativen Erfahrungen von Austauschschülern auch mit der Pandemie zusammenhängen und auch verstärkt wurden.

Leider haben auch wir einige negative Erfahrungen gemacht. Unser Sohn ist momentan in den USA und seine erste Gastfamilie war gar nicht wirklich bereit gewesen, ihn für ein Jahr aufzunehmen, wie uns das suggeriert wurde. Er ist voller Enthusiasmus in die Familie gegangen und musste schnell erleben, dass er nicht willkommen war. Offenbar war die GF „überredet“ worden, einen Schüler vorübergehend aufzunehmen, als Welcomefamiliy, darüber wurden wir aber nicht informiert, nicht einmal als er bereits dort war. Nur per Zufall hat unser Sohn dann erfahren, dass im Hintergrund eine andere Familie gesucht wird, was aber sehr schwierig ist in diesem Jahr. Er ist aus allen Wolken gefallen und hat das Vertrauen in due Familie von einem Moment zum nächsten sehr schmerzhaft verloren,auch für uns waren das sehr aufreibenden Wochen. Die deutsche Organisation hat versucht zu helfen, ich hatte aber den Eindruck, dass deren Möglichkeiten eher begrenzt sind. Ehrlich gesagt kommt es uns so vor, dass die Amerikaner (aus Vertragsgründen?) erstmal so viele Schüler wie möglich"rübergeholt" haben um einige dann nach 4 Wochen zurück schicken zu müssen weil es keine Gastfamilien gibt. Das System ist nicht zu verstehen, uns wäre es bei aller Enttäuschung lieber gewesen, unser Sohn wartet hier, bis sich wirklich willige Gasteltern finden als diese seelische Tortur. Er hat sich dann durchgebissen und selbst eine neue Familie gesucht weil er auf keinen Fall zurück geschickt werden wollte. Was mich wirklich wütend gemacht hat war aber das Vorgehen der amerikanischen Orga, die es so drehen wollte, dass es an den Schülern liegt, wenn die Familien sie nicht dauerhaft „behalten“ wollten und die Schüler zu wenig „Anstrengungsbereitschaft“ zeigen würden. Spätestens an dem Punkt hatte ich dann auch kein Verständnis mehr für die Schwierigkeiten der Austauschorganisationen. Über die erste Gastfamilie möchte ich nur sagen, dass ich hoffe, diese bekommt nie wieder einen Gastschüler.

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Wir sind diese Jahr Gastfamilie gewesen und ich glaube es hat noch uns weder unsere Gastschülerin gepasst. Für eins hatten wir das Problem, daß ich habe für einen Semester zugesagt und die Schulerin und ihre Familie haben irgendwie diese Informationen nicht wahrgenommen oder „vergessen“. Das hat mir unnötigen Stress verursacht… also es ist wirklich sehr wichtig solche Sachen in Voraus zu klären. Die Organisationen scheinbar interessieren sich eher dafür, daß so viele Gästschüler wie möglich kommen. Andereseite, wenn ich mein Kind in Ausland schicke werde, dann es ist meine Veräntwortung die doofe Papierkram durchzulesen, oder? Also : lesen Sie alles gut durch und besteh darauf, dass die Organisationen / Familie bestätigen schriftlich wie lange Ihr Kind bleiben darf.

Hallo Linwinzer21 - Das klingt schon ungut. Kein Gluten /Kein Milchprodukt im Haushalt ist schon etwas was man im Voraus wissen soll. Neben Corona glaube ich, dass der Angriffskrieg in Ukraine und die Teuerung auch eine Auswirkung haben. Wo ich lebe, angeblich gibt’s wenige Gastfamilie, weil die Leute nehmen statt GastschülerInnen ukranischen Flüchtlinge auf.

Ich möchte aber an alle GastschülerInnen einen Appell richten. Wir haben gerade uns (planmäßig) von unsere erste Gastschülerin verabscheidet, die wir kostenlos aufgenommen haben… (kostenlos in dem Sinn daß es hat uns sicherlich über EUR 1000 gekostet). Wir würden es wahrscheinlich nie wieder machen. Sie hat sich nicht besonders schlecht benommen, aber wir fühlen uns ausgenutzt. Also bitte daran denken… beschäftigt Euch mit den Kinder in der Haushalt, macht ein bisschen Hausarbeit jeden Tag ohne dass Jemand darum bitten muss. Denk daran (wenn dein Placement kostenlos oder für wenig Geld angeboten ist), daß deine Chance auf der unbezahlte Arbeit eine Frau (fast immer) basiert ist. Und arbeitet hard in der Schule auch… es war mir nicht recht ausgenutzt zu werden, so daß eine Teenager sich ein halbes Jahr Urlaub gönnen soll. Ich nehme auch lieber einen Fluchtling (wieder). Mindestens weiss ich warum ich extra zahle und arbeite.

Ich hoffe, daß es mit der 2. Familie besser geklappt hat. LG

Hallo BecsiCsiga,
ich habe Ihre Antwort mit großem Interesse gelesen und verstehe in etwa Ihre Gefühle und Gedanken, gerade in der heutigen wirren Zeit. Gleichzeitig denke ich aber, dass es beim Schüleraustausch oder Auslandsjahr eben nicht um kostenlosen Urlaub für die Jugendlichen geht. Ich habe mein eigenes Austauschjahr direkt nach der Wende als eine lebenswegweisende Zeit empfunden, auch nach 30 Jahren noch. Und es war eine auch psychisch stressige Zeit, bestimmt kein Urlaub. Und ja, es war auch für meine Gastfamilie bestimmt nicht immer einfach mit mir, das ist mir als Erwachsene erst richtig klar geworden. Aber wir sind bis heute in Kontakt jetzt wo mein eigenes Kind im Schüleraustausch ist🙂.
Gerade heute ist Jugend-Austausch vielleicht eine besonders wichtige Antwort auf das was gerade in der Welt wieder passiert. Verständnis, Anpassung, Sich-Zurücknehmen-können, Neugier, manchmal auch Enttäuschung - das ist es, was so ein Jahr mit Jugendlichen macht. Auch die Gastmutter meines Sohnes beklagt sich manchmal über seinen nicht vorhandenen Ordnungssinn, aber mit dem Verständnis dafür, daß er 16 ist und der Erinnerung an das eigene 16jährige Ich. Gleichzeitig ist er der Familie aber oft auch eine riesige Hilfe mit den vielen Kindern, die er eben auch Mal betreut und er wechselt mittlerweile auch Windeln. Das hätte ich meinem Sohn vor 5 Monaten nicht zugetraut, geschweige denn, dass er das gern tut. Er hatte nie jüngere Geschwister und das war bei seiner Abreise auch ein Albtraum für ihn, aber wie so vieles bringt die „Verpflanzung“ in ein anderes Leben eben auch hier ganz neue Erfahrungen und Erkenntnisse mit sich.
Kurz und gut, ich glaube, man sollte die Dinge nicht gegen einander aufwiegen. Due Aufnahme von Flüchtlingen und die Aufnahme von Gastschülern in einer Familie. Beides ist gut und richtig.

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Hallo Niki - Dein Sohn klingt super! Ich hätte ihm gerne hier gehabt, wenn meine Kinder klein waren… :wink: Aber das ist gerade was ich meine… er hat sich angepasst, oder? Ich müsste arbeiten um ins Ausland zu können… aber ich finde solchen Gaststudentprograms auch in Ordnung, so lange eine GastschülerIn (ich find „Gastkind“ unpassend… sie sind keine Kinder!) in der Schule tüchtig ist… sonst warum sollte ich noch mehr arbeiten um das zu ermöglichen? Alle Jugendlicher und Eltern die ihre Kinder schicken sollten das schon verstehen. Noch wichtiger, die Organisationen sollten einen klaren Konzept haben… das hat gefehlt ich glaube… in unsere Fall. Direkt nach WWII oder nach der Wende es gab einen klaren Konzept… und wir brauchen einen jetzt auch in diese Bereich…

Hallo BecsiCsiga,
danke für deine Antwort! Ja, er hat sich wirklich angepasst und ihm war auch immer klar, dass er das tun muss und nicht anders herum. Er ist auch sehr loyal, dafür bewundere ich ihn und es ist etwas, dass mir in diesem Jahr auf Entfernung erst aufgefallen ist an ihm. Auch wenn wir manchmal auf bestimmte Dinge vielleicht „hysterisch“ reagiert haben im ersten Moment weil bestimmte Sachen in der Familie vorgefallen sind, die wir überhaupt nicht nachvollziehen konnten (um es nett auszudrücken) hat er die Nerven behalten und ist besonnen geblieben. Er wusste bzw. weiss einfach, dass ER zu Gast ist und in Amerika sein will, es hat ihn ja niemand „eingeladen“ ;-). Nun ist die Zeit bald rum und ich freue mich riesig auf ihn, bin aber auch sehr gespannt wie wir uns hier wieder zusammenraufen werden. Denn das Zurückkommen scheint ja auch nochmal eine gewisse Herausforderung zu sein.

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Hi
Meine Tochter ist gerade in Südkalifornien….und ich mache mir echt Sorgen.
Sehr schwierige Verhältnisse innerhalb der Familie, meine Tochter und die beiden Gastschwestern müssen die gesamte Hausarbeit übernehmen. Ein Vater, der nichts tut, aber ganz 1950-like seiner Frau droht, ihr (und auch den Mädels)das Handy weg zu nehmen, wenn das Haus nicht sauber ist…. und eine Koordinatorin vor Ort, die europäische Jugendliche nicht mehr selbst aufnimmt, weil die „immer so frech und respektlos“ sind.
Wow! Und die soll nun also vermitteln. Ja, ein anderes Land, andere Sitten….aber wie sagt man so schön: der Ton macht die Musik. Gilt dann aber für beide Seiten, wie ich finde.
In den USA offensichtlich nicht, nur wie soll man dann Probleme lösen, wenn klar ist, wer was sagen darf und wer nicht.

Hallo Sunny78!

Vielen Dank für die Antwort! Es tut mir total Leid, dass Sie und Ihre Tochter so schlechte Erfahrungen machen müssen. Ich hoffe, dass sich die Situation verbessert hat.

Ich selber habe inzwischen die Möglichkeit bekommen, für STRG_F (vom NDR) eine Reportage über das Thema “Auslandsjahr” zu drehen. Da wir uns auch mit negativen Erfahrungen auseinandersetzen, würde ich mich sehr über die Gelegenheit freuen, Ihre Geschichte zu hören.

Falls Sie Interesse und Zeit für ein unverbindliches Hintergrundgespräch haben, schreiben Sie mir gerne eine E-Mail an li.pogorzelski.ext@ndr.de

Ich freue mich auf Ihre Antwort und wünsche Ihnen alles Gute!

Liliana Pogorzelski

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Hallo Liliana,

Ichhabe dir geschrieben und dich über den NDR kontaktiert, bitte zurückmelden, würde sehr gerne mit dir reden :slight_smile:

Hallo Sunny78!

Ich komme gerade nicht über unseren Server in meine E-Mail Adresse, schreibe mir gerne nochmal an lilianapogorzelski@gmail.com ! Tut mir Leid für die Verwirrung, ich freue mich von dir zu hören :slight_smile:

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Antwort kommt, danke für deine Rückmeldung :slight_smile:

Hallo, ist dieser Bericht gedreht - und womöglich auch augestrahlt - worden? Da meine Tochter kommendes Jahr in die USA will wäre ich daran interessiert, einen möglicht neutralen Bericht zu sehen, der alle positiven und negativen Aspekte zeigt - nicht nur „Einzelschicksale“.

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Hallo Hanns-Peter, es sind immer „Einzelschicksale“, die besonders schlimmen, die „normalen“ und die wunderbaren Austauscherlebnisse. Äußern werden sich meist nur erstere und letztere. Einen „neutralen“ Überblick wird man schwer bekommen können und letztendlich kann nur die eigene Erfahrung gemacht werden. Jedoch ist es im USA-Austausch wahrscheinlicher, dass Ihre Tochter in unerwartet problematische Familienverhältnisse kommt als in anderen Austauschländern.

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Ja, ist abgedreht. Finden Sie bei You Stube auf dem Kanal von STR_F, seit gestern online.

Aber wie schon gesagt: neutral ist das natürlich nicht, kann es auch nicht sein.
Sie haben auf der einen Seite die Organisationen, die alles schön reden und auf der anderen Seite Jugendliche und Familien, die schlechtes erleben.

Wenn man sich den Austausch in den USA als ein Glücksrad vorstellt, an dem Sie nicht mal selbst drehen dürfen und jedes zweite bis dritte Fach bedeutet Probleme……kann man sich selbst überlegen, ob man dieses Risiko für sein minderjähriges Kind eingehen will.

Ich bin ehrlich: man kann es sich vorher nicht vorstellen, was da zum Teil abläuft, wie man ohne Rechte im Regen stehen gelassen wird, was den Kindern passiert und wie sie behandelt werden. Insofern wird man unsere Warnungen eher nicht ernst nehmen……und ich kann nur jedem die Daumen drücken, dass das Glücksrad sich richtig dreht und um nicht ebenfalls in unsere Situation zu kommen.

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