Ich weiß einfach nicht was ich machen soll !

Hallo !
Ich hab noch nie in ein Forum geschrieben, aber jetzt ist der Zeitpunkt gekommen wo ich einfach mal ein Hilfe von außerhalb brauche.

Ich bin eine Austauschschülerin im Süd-Westen von Texas und bin jetzt seit 5 Wochen hier. Als erstes muss ich sagen, dass ich mich mit meiner Gastfamilie echt gut verstehe und sie sehr bemüht sind mein ATJ so schön wie möglich zu gestallten. Nun kommt aber das große ABER !
Ich bin in einem sehr kleinen Dorf gelandet. In der näheren Umgebung ist nichts außer Fast Food Restaurants und Mexikan Food Restaurants und ein Supermarkt. Wenn ich mit meiner Gastfamilie am Wochenende etwas mache, dann ist es Einkaufen oder Essen gehen. Um Kleidung kaufen zu können fahren wir 2 Stunden und um zum nächsten Kino zu kommen 3 Stunden. Also nicht mal eben ein Wochenendausflug.
Außerdem leben hier mehr als 70 % Mexikaner und so wird hier mehr Mexikanisch als Englisch gesprochen. Natürlich wird in der Schule in Englisch unterrichtet, aber in den Pausen unterhalten sich alle in Spanisch und ich versteh nichts, obwohl ich 4 Jahre Spanisch in meiner Schule in Deutschland hatte.
Ein weiters Problem ist die Politische Einstellung hier. Texas halt ! Ich hab am Anfang gedacht das mir das ja egal sein kann, aber mittlerweile kann ich das Gerede von Krieg, Waffen, Militär und Politik einfach nicht mehr hören. Als ich an meinem zweiten Tag in der Schule gefragt wurde, ob ich für Krieg sei und ich mit nein geantwortet habe, wusste ich noch nicht was man mit dieser Aussage hier auslöst.

Jetzt bin ich am überlegen vielleicht mal meine im weitesten Sinne " Verwandtschaft" in Florida zu kontaktieren. Das Problem ist das sie alle schon über 60 Jahre alt sind und viel Reisen, selten zu hause sind und natürlich deutsch sprechen, aber das wäre ja vielleicht eine Möglichkeit aus Texas wegzukommen. Und vielleicht kennen meine Verwandten eine nette Familie oder Freunde die mich aufnehmen könnten.

Ich weiß halt nur, das die zuständige Person meiner Orga mein Problem nicht versteht, weil sie genauso denkt wie alle Texaner und darum bin ich mir nicht sicher ob sie einen Wechsel überhaupt zulassen würde.

Was könnt ihr mir raten ? Ich fühl mich einfach alleine und weiß nicht wo ich anfangen soll mein Problem zu lösen. Meine Familie in Deutschland ist weit weg und ich will sie auch nicht mehr ständig voll heulen wolle, sondern ihnen sagen das es mir gut geht.

Ich freu mich auf eure Antworten und danke euch schon einmal im Voraus !
Danke, Hamburg meine Perle :o

Hallo! :slight_smile:

Das kommt mir alles ein wenig bekannt vor. Ich war in einem sehr kleinen Dorf (500 Einwohner) im Mittleren Westen, die Situation mit Essen und Shoppen sah da ähnlich aus wie bei dir.

Was den Krieg angeht, weißt du jetzt, dass du dich hättest nicht äußern sollen. Das wird den meisten Schülern aber vor Abreise auf dem Vorbereitungstreffen erzählt (“keine Politischen Diskussionen & Statements, das geht nur nach hinten los”). Falls nicht, weißt du es ja jetzt. :wink: Allerdings ändert das jetzt nichts mehr an deiner Situation. Vielleicht kannst du jetzt aber nochmal einsteigen und einfach sagen “Ich finde es interessant, wie ich mich langsam verändere. Ich sehe jetzt, nachdem ich ein paar Wochen hier bin, warum ihr für den Krieg seid, und verstehe eure Haltung. Ich finde es gut, dass die USA gegen den weltweiten Terrorismus ankämpfen. In Deutschland wird leider fast nur von den schlechten Seiten eines Krieges berichtet, deshalb kannte ich die Guten nicht, die ich dank euch kennengelernt hab.” Damit könntest du vllt. bei einigen wieder was gut machen. :wink:

Du sagst ja selbst, dass du dich mit deiner Gastfamilie super verstehst. Die würde ich also keinesfalls wechseln. Überleg doch einfach mal, was du in Deutschland machen würdest, wenn du mit deinen Eltern von Hamburg in die Einöde nach Bayern ziehst und niemanden kennst. Statt sozialdemokratisch sind alle CDU-Anhänger. Deswegen würdest du doch aber nicht zu deinen Eltern sagen: “Mama, Papa, ich versteh mich super mit euch, aber die Gegend hier ist einfach ätzend. Ich ziehe jetzt zurück zu Tante Anna nach Hamburg.” oder? :wink: Eine gute Gastfamilie würde ich NIE tauschen.

Seh einfach mal die positiven Seiten: Du wirst die Chance haben, nach deinem Jahr, auch weiterhin Spanisch in der Schule zu belegen und gute Noten zu schreiben, denn du vergisst so nicht vieles. Wenn du aber ein ernsthaftes Problem hast, im Sinne, dass dich jeder ignoriert, weil du Englisch (lieber) sprechen willst, wende dich an den Counsellor in deiner High School.
Erkläre ihm, dass es für dich - trotz 4 Jahren Intensiv-Spanisch-Kurs - schwer bis unmöglich ist, Freunde zu finden, weil alle Spanisch sprechen. Vielleicht hat er eine Idee für eine Lösung?

Wir hatten damals, als ich in der 8. Klasse war, ein Mädchen, dass aus Weissrussland zu uns kam. Sie sprach fast kein Wort Deutsch. Wir hatten in der Klasse 3 Schülerinnen, die russisch sprechen konnten, und so haben die drei sich dem Mädchen angenommen, mit ihr russisch gesprochen und alles auf Deutsch wiederholt. Mit der Zeit ist es so besser geworden.

Was das Essen angeht: das ist ÜBERALL in den Südstaaten so, aber auch in vielen anderen Teilen der USA. Du musst nur mal alles ausprobieren und wirst bestimmt etwas finden, dass du liebst! (Brew-City-Fries? Chili-con-carne? Hamburger Helper? Enchiladas?) Ansonsten mach doch einen “Deutschen Abend” alle 2 Wochen und koch deiner Gastfamilie etwas typisch Deutsches vor. Dann hast du zumindest ein wenig Abwechslung.

Und noch etwas Grundsätzliches: Dein Betreuer wird (bzw. sollte) immer versuchen, dir zu helfen. Auch wenn sie so denkt, wie alle anderen, wird sie versuchen, sich in dich hineinzuversetzen. Ich habe hier auch Austauschschüler, die z.T. total dumme Sachen machen und verrückte Ansichten haben aus meiner Sicht. Beispielsweise mag sich eine Schülerin nicht umarmen lassen. Ich finde das merkwürdig, trotzdem versuche ich mich in diese Person hineinzuversetzen und das Problem zu lösen (Ursprung des Problems? Kultureller Unterschied oder persönliche Macke? --> mögliche Lösung). Denk immer dran: Wenn du deinen Betreuer gar nicht erst fragst, ob er dir helfen kann, dann kann er dir nicht helfen, weil er nichts von dem Problem weiß. Sprich ihn nur keinesfalls darauf an, dass du die Familie wechseln willst - das ist ein Satz, der alles schlimmer macht!

Ich hoffe, ich konnte dir helfen!

Liebe Grüße,
Wiebke

Lass dir erstmal ein wenig Zeit…
Ich denke auch nicht, dass du wechseln solltest, denn schon allein eine nette Gastfamilie zu finden ist manchmal echt schwer…
Das es vllt nicht wie zuhause ist oder bei deinen Verwandten, ist klar, aber dafür macht man das ja auch. ich bin damals in eine ganz schwarze Gegend gekommen und war auch erstmal geschockt über die Kriminalität und Einstellungen dort, doch irgendwann kommt es, dass man sich da auch wohl fühlt, nur kann man nicht erwarten, dass das von heute auf morgen kommt. Du wirst feststellen, dass du wenn du am Ball bleibst und immer wieder auf Leute zugehst, in einem Jahr gar nicht mehr davon wegwillst und eigentl da leben könntest…
Sprich mal mit deinem Counsellor, und erklär ihm das und dann berichte mal wie es bei dir weiterläuft :wink:
Jule

Hallo Hamburger Perle! :wink:

Nunja, es gibt eben Dinge, mit denen man sich schwer tut. Gerade in den USA kommt es immer sehr darauf an, wo man sich gerade befindet. Das Land birgt die grössten Gegensätze in sich! Im einen Bundesstaat denkt man so, im anderen schon wieder ganz anders. Es hängt nicht zuletzt davon, ab, wie sich die Bevölkerung zusammen setzt und welchen historischen Hintergrund die Leute dort haben.

Meiner Tochter gingen auch nicht selten Mitschüler auf den Keks, wie sie denn als Deutsche nun zu den Juden stehe. Nicht wenige setzten voraus, dass sie als deutsches Mädel auch Juden hassen müsse und sie waren derb enttäuscht, als sie antwortete, dass sie dazu nichts sagen könne und sie niemanden hasse, nur weil er einer bestimmten Religion angehöre. Auf politische Diskussionen hat sie sich clevererweise nie eingelassen, weil das eh nix gebracht hätte.

Dann die Sache mit dem Glauben… Dort wo sie war, sind die meisten Leute Mitglieder der baptistischen Kirche und man versuchte sie auch für die Gemeinde zu gewinnen. Sie machte das Spiel insofern mit, da sie sich ja integrieren wollte und weil das religiöse Leben für die Menschen dort scheinbar wichtig ist. Sie sagte aber auch unmißveständlich, dass sie nicht an einen Gott glaube und es auch undenkbar für sie ist, es jemals zu tun. Viele akzeptierten das, einige nicht. Von ihrem Gastvater z.B. bekam sie oft zu hören, dass sie wegen ihrer Ungläubigkeit irgendwann in der Hölle schmoren würde. Lustiges Kerlchen… :stuck_out_tongue: :smiley:
Bei vielen ist der Glaube aber nur Pseudo. Nach aussen hin brav, und zuhause geht was ganz anderes ab. Und es sind nicht wenige…

Naja, du siehst also an diesen Beispielen, dass es manchmal nicht ganz einfach ist, wenn man eine Weile in der Fremde ist. Wenn deine Gasteltern nett zu dir sind, dir helfen und du soweit in der Schule klar kommst, bleib dort einfach und versuche mit diplomatischem Geschick die Zeit hinter dich zu bringen. Denke immer daran, dass gerade auch die US-Amerikaner - warum auch immer - ziemlich von sich überzeugt sind und sich auch so verstanden wollen wissen. Kratzt du allerdings an ihrer Fassade, kommt auch nur normaler Putz zum Vorschein. Bedenke mal, wie viele US-Bürger bei Umfragen nach Politik und Geographie abgeschnitten haben! Ein grosser Prozentsatz wusste noch nicht mal über das eigene Land bescheid! Geschweige denn wo Deutschland liegt. Viele denken, wir saufen den ganzen Tag Bier und unsere Frauen rennen im Dirndl herum. Und das der WK II schon über 60 Jahre vorbei ist, ist manchem auch verborgen geblieben… :smiley:
Übrigens war unsere Tochter als Deutsche auf der High School u.a. im Fach Amerikanische Geschichte Klassenbeste. Sollte einem zu denken geben, oder?

Wie auch immer, du packst das schon. Und wenn du Hilfe brauchst, solltest du dich an die Orga und deine Eltern wenden. Oder eben hier nachfragen…

Viele Grüsse Asathôr

Das kann ich nur bestätigen. Unser Sohn ist seinen amerikanischen Klassenkameraden in Geschichte auch voraus.

Vor allem am Anfang seines Aufenthalts wollten viele seiner Mitschüler seine politische Einstellung testen. Da kamen dann so Fragen wie: „What do you think about the 1st World War and the 2nd World War?“ oder „You are a descendent of Adolf Hitler, really? Is that a good or bad thing?“ Sein Drafting-Lehrer fragte ihn dann auch, ob er aus West- oder Ostdeutschland käme.

Solche Frage hat mein Sohn dann immer sehr knapp beantwortet, und zwar so, dass die Antwort keinen Spielraum für weitere Fragen lies. Übrigens, auf die Frage „What do you think about the 1st World War and the 2nd World War?“ antwortete er: „I think we have lost!“:smiley:

Zur Zeit nehmen sie im Geschichtsunterricht den 1. und 2. Weltkrieg durch. Da genügt schon das Wort „Germany“ und alle drehen sich um und richten den Blick auf meinen Sohn. Vorsichtige Hinweise darauf, was den 1. Weltkrieg auslöste oder dass Hitler eigentlich ein Österreicher war, laufen ins Leere. Es hilft nur starke Zurückhaltung mit politischen Äußerungen, zumal die Bush-Anhänger in seiner Gegend in der Mehrzahl sind.

Die politische Einstellung in Texas kann dir, liebe Hamburger Perle, also auch in anderen amerikanischen Gegenden begegnen. Übrigens, in Florida war bis 2007 Jeb Bush Gouverneur. Sein Nachfolger ist ebenfalls Republikaner.

Viele Grüße, Ute

Sabrina hat nicht American History belegt, sondern American Government. Das ist schwerer und sie muss viel dafür lernen. Aber auch sie erzählte mir, dass ihr Lehrer sie mit “Germany” aufruft, wenn er einen Vergleich zu uns herstellen möchte. Sie hat ihm jetzt ein “Facts about Germany” geschenkt, damit er nachlesen kann ;). Sie meinte, er hätte sich gefreut und wolle es lesen.
Politisch äussert sie sich auch nicht, weil sie festgestellt hat, dass sogar die dort lebenden, älteren, Deutschen Obama nicht mögen und ihn für einen “versteckten” Moslem halten :(.

Viele Grüsse

Kirsten

Ich hatte das Fach auch… Und war Klassenbeste… Es war eins der einfachsten, die ich hatte… Aber vielleicht fällt es ja Sabrina nicht so leicht wie mir… :wink:

Oder sie ist auf einer der anspruchsvolleren High Schools ;).

Viele Grüsse

Kirsten

Meine Tochter hat auch AmGov belegt und muss dafür ganz schön rödeln. Sie hatten jetzt zuletzt ein Thema bei dem es um die Auswirkung, Möglichkeiten und Zusammensetzung von InteressenGruppen innerhalb einer Demokratie ging, zusätzlich wurde noch die unterschiedlichen Demokratieformen besprochen. Außerdem sind die Test wohl ziemlich anspruchsvoll.

Gruß
Christiane

Kvennskratti war auf ner Baumschule bei Lehrer Ast. :smiley:

Es kommen ja nur 8 der Präsidenten der USA aus Ohio, da kann es natürlich sein, dass die nicht so tolle High Schools haben. :eek: :stuck_out_tongue:

Was haben denn die Präsidenten mit dem Bildungssystem zutun ;)? Die hatten doch schließlich wichtigeres zutun :D.
Hier findet ihr die besten High Schools :wink: http://www.usnews.com/listings/high-schools/
Das neue Ranking gibt es ab Mitte Dezember.

Viele Grüsse

Kirsten

Na die werden doch dort wohl auch zur Schule gegangen sein und eine gute Bildung genossen haben…

Aber lassen wir das lieber, sonst kommst du mir nur wieder mit amtlichen Statistiken und Berechnungen… :stuck_out_tongue:

Ich hoffe, der Hamburger perle geht es mittlerweile gut in Texas…
ich meine auch, man muss sich erstmal mit der Sitaution in ein Kaff gekommen zu sein abfinden und dann ndie pos. Seite sehen- ich persönlich finde es total cool, dass 70% Mexikaner dort leben- sind doch viel angenehmere Personen! Du hast die Möglichkeit, gleich 2 unterschiedliche Kulutren mitzubekommen und kannst sehen, wie “Ausländer” die nicht aus Europa sind, in den USA aufgenommen (oder nicht) werden. Und die Bereicherung der 2. Sprache!

Zu den politischen Statements wollte ich noch sagen, dass ich mich nicht opportunistisch geben würde. Wenn du Krieg Scheiße findest, dann steh dazu.

Viel Glück…