Hallo, meine Tochter (14) ist letztes Jahr an Magersucht erkrankt. Nach einem Klinikaufenthalt lebt sie wieder einigermaßen normal und stabil, hat regelmäßig Therapie. (Mich ärgert, dass ich das mit der Magersucht gleich an erster Stelle schreibe. Es ist, als würde ich ihr ein Schild umhängen, auf dem steht: Magersüchtig. Aber es ist ja nun einmal so und beeinflusst jetzt ihr Leben.)
Sie hat sich in den Kopf gesetzt, ein Austauschjahr zu machen. Zunächst in die USA. Sie hatte selbst Kulturwerke beim Recherchieren gefunden, sodass wir da relativ schnell in die Vertriebsgesprächs-Spirale reingerutscht sind, schneller als ich denken konnte. Es hagelte Broschüren ohne Aussagekraft und Werbegeschenke. Man sagte uns, dass das J1-Visum nicht gehe, aber mit einem C1-Visum würde man eine wunderbare Gastfamilie finden. Es würde super werden, versprach man uns. Kosten natürlich mind. 25.000 Euro.
Ich brauchte eine Weile und ein Gespräch mit ihrer Therapeutin, um zu entscheiden, dass die USA jetzt auf keinen Fall infrage kommen. Das Risiko, dass es nicht gut läuft, sie dort alleine ist und das Essensthema wieder hochkommt, erscheint mir zu groß. Sie wäre unendlich weit weg – und die Berichte, die ich hier im Forum las, machten es nicht besser für mich.
Die Therapeutin fand USA auch unpassend und empfahl, vielleicht ein Land mehr in der Nähe zu wählen. Europa. Irland, GB, Frankreich.
Das fühlte sich für mich gleich besser an. Falls es ihr nicht gutgeht, sind wir in der Nähe. Und ich hatte gehofft, dass es auch preislich günstiger ist.
Nun sagen KD, dass auch Frankreich nur mit dem Select-Programm geht, weil Schule und Gasteltern von ihrer Krankheit wissen müssen. Und daher gezielt gewählt werden müssen. Da sind wir auch wieder bei der gleichen Summe, aber gut.
Ich habe noch nicht viel weiter recherchiert und wollte unsere Geschichte einfach mal in die Runde werfen, vielleicht fällt jemandem dazu etwas Schlaues ein?
Das Thema Magersucht triggert bei vielen Leuten Erinnerungen an eigene Erfahrungen oder welche aus der nahen Familie. Ich möchte meine Tochter weder überbehüten noch leichtsinnig in die Fremde schicken. Ich möchte ihr Autonomie erlauben und dabei ihre Krankheit im Blick haben. Das ist alles schon schwer genug, und ich habe mir sehr, sehr viele Gedanken gemacht.
Falls jetzt jemand fragt, warum man ein magersüchtiges Kind überhaupt in die Fremde schickt: Weil sie es unbedingt will, und weil es manchmal ganz gut ist, aus dem vertrauten System rauszukommen. Hier ist sie schließlich krank geworden.
Frankreich klingt für uns gut, GB wäre für sie auch okay.
Ich habe gehört, Irland sei ganz entspannt mit so Krankheits-Themen, welche Länder noch?