In diesem Beitrag will ich mal versuchen, unsere Erfahrungen mit dem Schüleraustausch nach Australien einerseits und der Vermittlung und Betreuung durch Southern Cross Education auf der anderen Seite aufschreiben. Weniger aus Selbstdarstellungsgründen, sonder eher als Hilfestellung , die ich bzw. wir als Familie zum damaligen Zeitpunkt auch gerne gehabt hätte.
Als unser Sohn Timo , der Jüngste von 3 en, am Anfang der 9. Klasse begann sich mit dem Thema Schüleraustausch auseinanderzusetzen , waren wir bereits durch einige Freunde und deren Kinder ein wenig vertraut.
Wir besuchten einige Vorbereitungsveranstaltungen unseres örtlichen Gymnasiums und von vorneherein war für unseren Sohn klar, das Ziel kann nur Australien sein. Der Onkel unseres Sohns arbeitete und lebte vor einiger Zeit für 4 Jahre dort und hat in uns allen die Begeisterung für dieses Land/ Kontinent geweckt.
Zu Beginn der 10. Klasse besuchten wir in Frankfurt am Main eine Veranstaltermesse und haben uns an verschiedenen Ständen beraten lassen.
Die Repräsentantin von Southern Cross Education ( im Folgenden: SCE) hinterließ bei uns einen wirklich guten, mit Hintergrundwissen durch eigene Besuche bestätigten, Eindruck. Der zuerst geplante Aufenthalt in der Großstadt Brisbane wurde schnell auf Grund des Interesses für die Meeresbiologie weiter südlich nach Ballina umgeplant. Schilderungen durch eigene Besuche der Organisatoren vor Ort , mit Bildern hinterlegt, haben uns diesbezüglich sehr beeinflusst.
Obwohl wir uns von anderen Organisationen haben beraten lassen, sind wir trotz des höheren Preises bei SCE geblieben. Unter anderem auch wegen der betreuten Gruppenflüge und des bis dahin sehr symphatischen Auftretens des Teams.
Nach den üblichen Vorbereitungen wurde uns ca. 4 Wochen vor Reisebeginn die Gastfamilie ( alleinerziehende Frau mit 2 Kindern im Alter von 8 und 12 Jahren) mitgeteilt. Leider war die Adresse fast 30 km vom Meer und der Schule entfernt im Landesinneren gelegen ( sozusagen mitten im „Geräusch) und unser Sohn, der sich ein Leben am Strand usw. vorgestellt hatte, entsprechend enttäuscht.
Die angegebene Ernährung der Gastmutter vegetarischer Natur haben wir zu diesem Zeitpunkt noch als akzeptabel wahrgenommen.
Nach Erläuterung der Organisation leuchtete uns auch ein, dass ein Gastfamilienwechsel vor Beginn des Austauschs logistisch nicht zu bewältigen ist, da jeder zu Beginn an diesem oder jenem etwas auszusetzen hat. Aber das schlechte Gefühl zu Beginn hat sich leider die ganze Zeit bis zum Schluss bestätigt.
Trotz allem redeten wir unserem Sohn zu, insgesamt an die positiven Seiten des Austauschs zu glauben und denken und haben ihn dann zum verabredeten Zeitraum in den Flieger Down Under gesetzt.
Vor Ort waren die ersten Tage für ihn dann mit Akklimatisieren verbunden.
Die vegetarische Ernährung stellte sich als vegan ( komplett ohne tierische Basis) heraus und auch der Schulweg mit 2 * 75 min Fahrzeit als zu lange Wegstrecke. Zumal kein öffentlicher Nahverkehr nach der Schule und auch am Wochenende möglich war.
Sowohl von den australischen als auch den deutschen Organisatoren wurde uns dazu erklärt, dass dies in Australien aber keine nennenswerten Entfernungen sind. Die Enttäuschung unseres Sohnes kann man sich natürlich trotzdem vorstellen. Treffen mit Freunden usw. außerhalb der Schulzeit konnten so nicht stattfinden bzw. nur mit Fahrorganisation durch die Gastmutter.
Mögliche sportliche Aktivitäten außerhalb der Schule waren nicht nur deswegen auch völlige Fehlanzeige. Die finden einfach auch nur in ganz geringem Umfang und dann nicht für Austauschschüler, die nur ein halbes Jahr dort sind, statt. Das gibt es nur für Ganzjährige in geringem Umfang.
Da auch die Schule damit kein abwechslungsreiches Highlight mehr darstellte: a) das vollmundig angekündigte Flugzeug zum Erwerb der Pilotenlizenz ( es sei jetzt mal dahingestellt, ob dies überhaupt für 16 Jährige sinnvoll ist – wir brauchten es nicht, aber es geht hier um den Hinweis auf die völlig falsche Selbstdarstellung) ist schon vor Jahren verkauft worden und b) der für den Aeronautics Unterricht erforderliche Flugsimulator auch schon seit Jahren defekt ist, c) Surfuntericht wegen Teilnehmermangel nicht möglich d) Sprachuntericht nur für Asiaten ab der 7. kL ??? möglich war , e) Meeresbiologie nicht im eigenen Labor, sondern im Filmvorführraum stattfand, haben wir nach 4 Wochen und längeren Diskussionen sowohl mit unserem Sohn als auch SCE beschlossen, zumindest auf dem Bereich der Unterbringung für eine Alternative zu sorgen.
Hierbei waren uns sowohl SCE als auch der örtliche Vermittler Oz-Homstay behilflich. Müssen diese ja auch, zumal im Kleingedruckten steht, dass so weite Anfahrtswege nicht zulässig sind.
Auf unsere Frage, warum überhaupt Veganer in diese Programm aufgenommen werden, wurde uns dies mit falscher Selbstauskunft der Gastmutter beantwortet.
( Interessanterweise steht bei den FAQ`s von oz Homestay, dass viele Austauschüler versuchen würden durch übermässiges Essen den sehr hohen Reisepreis wieder reinzuholen und die Gastfamilen darauf nicht reagieren sollen - Frechheit – welcher Jugendliche denkt denn so)
Der Wechsel in die andere Gastfamilie wurde dann nach 6 Wochen und einem vorherigem Umzug noch bei der ersten Gastfamilie in eine andere Wohnung (die Australier sind halt sehr locker) vollzogen. Das bedeutete, dass unser Sohn sich dann in 6 Wochen 3 * neu in eine Wohnung eingewöhnen musste. Das muss man auch mögen.
Nach anfänglicher Freude unseres Sohnes über den reichhaltig gedeckten Tisch mischte sich dann der Kummer über das Desinteresse der neuen Familie an Unternehmungen mit ihm, aber gleichzeitiger Strenge bei den Ausgehzeiten (17:30 Deadline). Leider konnten wir dies auch nicht im persönlichen Kontakt mit den Gasteltern ändern. Hausregeln sind zum Einhalten da = O-Ton. Bzw. bekamen wir sogar eine Mail aus Australien vom Veranstalter, dass unser Sohn sicht nicht an die Hausregeln halten würde, weil er einmal vergessen hatte , eine schulische Terminänderung weiterzugeben. . Naja.
Trotz mehrfacher Versuche unsererseits beim Veranstalter (Southern Cross E) sowohl das schulische Defizit zu erläutern und zu ändern und auch bei der Gastfamilie etwas zu bewirken, wurde uns zwar immer vermittelt, dass sich gekümmert wird. Doch leider ohne Ergebnis. Eine immer wieder von Southern Cross ins Gespräch gebrachte Ansprechperson vor Ort, die Klärung schaffen sollte, konnte uns auch bei hartnäckiger Rückfrage nach unserer Rückkehr vom Abholbesuch und auch vor Ort nicht präsentiert werden. Auf eine diesbezügliche Antwort warten wir immer noch.
Und genau diese Ansprechperson halten wir mittlerweile doch für sehr wichtig. Bei Schulpraktika kommt der Lehrer ja auch in die Betriebe und sieht nach seinen Schülern. Und diese Aufsicht fehlt beim Austausch völlig. Evtl. ist das auch bei vielen Austauschschülern überflüssig. Aber es gibt sicher einige, bei denen ein unangemeldeter Besuch eines „Offiziellen“ in Schule und Gastfamilie eine große Hilfe wäre, um anstehende Probleme, die der Austauschschüler, um zusätzliche Sorgen der Eltern zu vermeiden, mit diesen gar nicht bespricht, weil keinerlei Einfluss über die Distanz möglich ist.
Bereits im November 2011 hatten wir dann mit dem Geschäftsührer des DFH (Verband) über die fehlende örtliche Qualitätskontrolle der Schulen telefoniert. Es wurde uns bestätigt, dass lediglich die australische Zustimmung der Behörde zur Bewerbung einer Schule ausschlaggebend für die Aufnahme bei den deutschen Veranstaltern ist.
Und das ist schlichtweg zu wenig.
Warum ist keinem Veranstalter bewusst, dass die örtlichen Schulen sich mit Leistungen schmücken, die sie nicht bringen können. Das vorher angesprochene Flugzeug der Ballina High ist heute noch auf fast allen Organisations- und Veranstalterseiten zu finden. Und das gibt es seit Jahren !!! nicht mehr.
Was wir damit zum Ausdruck bringen wollen, ist, dass fürsorgliche Eltern sich noch mehr, als ohnehin schon, mit diesem Thema auseinandersetzen müssen, da die Organisationen offensichtlich alle damit überfordert sind.
Nachdem wir jetzt sehr viele Organisationen und auch noch mal den Dachverband zu diesem Thema angeschrieben haben, müssen wir zu unserem Bedauern feststellen, dass von zumindest diesem Dachverband (wozu gibt es den eigentlich ?) angeschlossenen Organisationen (Give, Ist und team) und auch dem Dachverband selbst keine Reaktion gekommen ist. Erst nach wiederholtem Nachfragen wurde eine Standardmail ( im Sinne von wir kümmern uns schon) ohne konkreten Sachbezug verschickt. Bei diesen Veranstaltern können wir also nur zur Vorsicht raten. Mit der Wahrheit wird es da trotz direkter Anfrage nicht so genau genommen.
Korrektur: Nach 5 !!! Mails in immer strengerem Ton haben die deutschen Veranstalter IST,GIVE und Team ihre Beschreibung endlich geändert.
Noch ein wenig Bericht zum Thema Unterkunft und persönliche Betreuung vor Ort.
Alleine in Ballina waren, bei unseres Wissens 7 Austauschschülern, eine alleinerziehende Veganerin ( dort war unser Sohn zuerst) , alleinerziehende Hippie, der alle geltenden Vorschriften egal waren (dort war der beste Freund unseres Sohnes ) und eine Mormonenfamilie dabei, die Gastschüler aufgenommen haben. Das haben bestimmt nicht nur wir uns als Betreuung für unsere Kinder bei dem doch nicht sehr günstigen Preis anders vorgestellt.
Auch eine weitere Betreuung der Gastkinder vor Ort findet nicht mehr statt, wobei dies sicher ein generelles Problem des Austauschs darstellt. Siehe oben.
Unser Sohn hat in 5 Monaten auf Grund einer Infektion über 15 % seines Körpergewichtes verloren (von knapp 60 kg auf 49 kg). Und das fällt niemandem !!! auf. Weder in der Schule, noch seiner 2. Gastfamilie, noch 2 Ärzten, die er dort für ein Tauchattest besucht hat. Wie kann diese Fahrlässigkeit denn sein. Er selbst hat es in seiner Unerfahrenheit auf die anfängliche vegane Ernährung geschoben und wollte uns nicht weiter beunruhigen. Deswegen wurde er nicht selber aktiver. In Deutschland haben wir jetzt wegen des Versagens aller Kontrollmechanismen vor Ort lt Auskunft der Aerzte über ein halbes Jahr damit zu tun, Ihn wieder organisch aufzubauen.
Wir geben doch schließlich Minderjährige in dem Bewusstsein für ein halbes Jahr oder länger bis an das andere Ende der Welt ab, dass nicht nur irgendwer, sondern geprüfte Organisationen, die sich Ihrer Verantwortung bewusst sind, in allen Bereichen nach den Jugendlichen sehen und zeitnah auf Missstände reagieren.
Das ist in NSW (Australien) definitiv nicht der Fall.
Für unseren Sohn können wir leider nichts mehr Verbesserndes bewirken, obwohl wir mehrfach über SCE und auch direkt versucht haben ,darauf Einfluss zu nehmen.
Aber bei zukünftigen Wünschen eines Austauschs nach NSW und insbesondere nach Ballina können wir allen Jugendliche nur raten, sich vorher noch mal eingehend bei der ausgewählten Organisation zu informieren. Sowohl was die Wünsche des Schülers als auch die Leistung vor Ort angehen. Es kann doch nicht sein, dass es in unserer materiell eingestellten Welt auch in diesem Punkt nur darum geht, mit wenig Aufwand viel Geld zu verdienen und den eigentlichen Sinn dabei zu versäumen.
Persönlich halten wir sowohl Ballina als auch NSW und dort insbesondere Sydney weiterhin auf jeden Fall für eine Reise wert und auf eigene Faust (ohne Organisation) werden wir trotz der sehr langen Anreise wieder hinfahren.
Da die Schulferien in NSW schon begonnen hatten, konnten wir bei unserem Abholbesuch leider nicht alles vor Ort selbst noch einmal ansprechen.
Nach Abschluss des Austausch werden unsere Fragen zu diesem Thema weder von Southern Cross noch von der Schule und dem örtlichen Veranstalter beantwortet. Leider kommen dann nur mit Phrasen versehene Textbausteinmails (SCE - löbliche Ausnahme ist hier Herr Kimmerle, der u. E. ein gewisses persönliches Interesse zeigt) zurück, die sich nicht mit dem Thema befassen oder gar nichts (Australien).
Zusammengefasst würden wir beim nächsten Mal (gibt es aber leider/zum Glück nicht mehr) viel mehr auf die Erfahrungen in unserem engsten Freundeskreis hören. Dort waren 5 Jugendliche aus 3 verschiedenen Familien privat – ohne Organisation (allerdings in einem andern Land) untergebracht und waren des Lobes voll. Eigene neue Wege mit bis dahin persönlich unbekannten Organisationen zu gehen, kann unter Umständen nicht den erwünschten Erfolg haben.
Für weitere Fragen stehen wir gerne zur Verfügung.