Hallo,
unsere Tochter hatte ein High School Year in Australien geplant und natürlich steht auch das in den Sternen. Auf das neue Schuljahr 2021/22 zu verschieben ist für sie leider keine Option, da sie dann in der abiturrelevanten 12. ist. Entsprechend geht es nur bis dahin oder eben erst nach dem Abi.
Unsere Organisation hat nun diverse Möglichkeiten angeboten: Die reichen von der Stornierung gegen Rückzahlung (fast) aller bereits gezahlten Gelder bis hin zum Verschieben auf einen späteren Termin im Jahr oder komplett auf das nächste. Wer will kann also jetzt schon für sich Fakten schaffen, indem er absagt.
Unsere Tochter hat entschieden abwarten zu wollen und gfs. später anzureisen. Natürlich ist das schade, aber besser als nichts - später als im Januar würde sie dann aber auch nicht mehr fliegen, denn weniger als ein halbes Jahr ist für sie unattraktiv. Man ist gerade erst warm und vertraut geworden und muss schon wieder zurückfliegen. Das wollte sie mit dem Ganzjahresaufenthalt vermeiden - naja, nun kommt es schlimmstenfalls dazu.
Im Moment ist keine verlässliche Planung möglich. Wenn es nach den Organisatoren ginge oder nach den Schulen, auch nach den Gastfamilien, dann würden sie wohl allesamt grünes Licht geben. Entscheiden tut aber in jedem Land die Regierung und das ist m. E. auch gut so. Wenn man das als gegeben hinnimmt und akzeptiert, dass dahinter der Wunsch steht, es möglichst gut für alle Beteiligten zu machen, bleibt zwar die Ungewissheit, das Genervtsein weicht aber der Akzeptanz.
Hier im Rheinland gibt es das sog. Kölsche Grundgesetz. Ein Paragraf lautet „Et es wie et es“ (Es ist wie es ist) - so halten wir es… und glauben dem nächsten, der da lautet „Et het noch immer joot jejange“ (Am Ende ist es immer noch gut ausgegangen). Mit dieser Haltung kommen wir gut durch die Zeit.
Persönlich rechne ich damit, dass die Landesgrenzen Australiens innerhalb des 2. HJ wieder geöffnet und Einreisen möglich werden. Australien hat allerdings auch sehr geringe Infektionsraten und selbst dort wird es m. E. kein Austauschjahr wie vor Covid-19 geben. Auch das sollte man sich vor Augen führen und bereit sein zu akzeptieren, dass man womöglich nach Ankunft erst einmal 2 Wochen in Quarantäne muss. Es kann auch passieren, dass - wenn eine nächste Welle droht - man von jetzt auf gleich zu Hause bleiben muss. Vorbei ist es dann mit den Freiheiten, die man sich vom High School Jahr verspricht. Auch das sollte man bedenken und akzeptieren. In Australien sitzen die Schüler im Moment ebenfalls zu Hause. Wer dann eine Gastfamilie hat, die diese Zeit nicht gut überbrücken kann, der hat ein großes Problem. Bei unserer Organisation hatten die Austauschschüler vor Ort daher auch die Entscheidungsfreiheit, ob sie vorzeitig abbrechen oder bleiben wollten. 60 % haben das getan; 40 % sind in Australien geblieben. Diese Quote finde ich erstaunlich und hätte mit mehr Abbrechern gerechnet. Für mich ist es ein Beleg dafür, dass Down Under das Leben in der Familie eine große Rolle spielt und genossen wird.
Eines ist jedenfalls ganz gewiss: Ganz unbeschwert und ohne Beschränkungen wird es in keinem einzigen Land zugehen können, naja, vielleicht in Schweden, die ja schon in den letzten Monaten eine ganz andere Strategie gefahren sind.
Ich bin gespannt wie es weitergeht, denn natürlich sind auch wir Eltern von dieser Ungewissheit betroffen. Wir wollten unser „freies Jahr“ auch ein bisschen planen, doch auch daraus wird nichts. Ich denke aber auch immer, wir haben hier lediglich ein Wohlstandsproblem. Unsere Tochter ist natürlich auch traurig und hofft bis zum Schluss. Sie sagte aber auch, dass - sollte sie es nicht klappen - sie dann eben nach dem Abi nochmal ein Jahr loszieht.