Probleme das Auslandsjahr zu verarbeiten, was tun?

Hallo,

auch wenn die meisten hier wahrscheinlich Leute sind die ihr Auslandsjahr noch vor sich haben, dachte ich wende ich mich jetzt trotzdem mal an dieses Forum. Ich hoffe ihr könnt mir helfen.

Ich habe 2016/17 ein High School Auslandsjahr in den USA gemacht und bin jetzt auch schon mehr als 3 Jahre wieder zurück in Deutschland. An sich ist mir die Rückkehr nach Hause und das Einleben nicht sonderlich schwer gefallen. Es hat sich zwar einiges verändert, trotzdem habe ich das ganze nie als großes Problem empfunden.

Mein größeres Problem war/ ist eher die Zeit die ich in den USA verbracht habe zu verarbeiten. Es war immer mein Traum dieses Auslandsjahr zu machen und ich habe mich auch unglaublich gefreut als es dann endlich soweit war. Meine Erwartungen habe ich aber komplett runtergeschraubt, da mir auch bewusst war, dass es meistens nicht so perfekt ist wie man es in Videos sieht oder wie man es sich wünscht. Ich habe auch versucht mein Auslandsjahr so wenig wie möglich mit anderen zu vergleichen, denn jedes Jahr ist besonders und keins ist gleich.

Mein Auslandsjahr hat schon nicht so gut gestartet, denn ich bin erst 6 Wochen nach Schulstart dort angekommen und hatte eine deutsche welcome family, welche auch ausschließlich deutsch mit mir gesprochen hat. Nach einigen Wochen dort sollte ich dann auch meine Gastfamilie wechseln weil dies ja nicht der Sinn des ganzen Programms war. Ich war meiner neuen Familie zwar unglaublich dankbar das sie mich aufgenommen hatten, jedoch waren wir sehr unterschiedlich. Jeder hat eher sein eigenes Ding durchgezogen und ich habe mich auch bis zuletzt nicht richtig wohl dort gefühlt. Dafür gebe ich der Gastfamilie aber keine Schuld. Es gibt ja oft im Leben Menschen zu denen man nicht passt.
Auch in der Schule gab es einige Sachen die ich mir anders erhofft hatte. Ich durfte beispielsweise als Austauschschüler an keinem Sportteam teilnehmen und meine Schule hatte wirklich gar keinen „school spirit“ wie man das sonst immer von den USA hört. Dies war natürlich sehr schade weil die meisten Austauschschüler, sowie auch ich, haben ja den Wunsch auf Football Spiele, Homecoming oder auch Prom zu gehen.
Dadurch das die Freunde die ich dort gefunden habe eigentlich immer den ganzen Tag nach der Schule und auch am Wochenende arbeiten mussten konnte ich leider auch mit ihnen kaum Zeit außerhalb der Schule verbringen. Ich hätte mir auch selber gerne einen Job gesucht aber das durfte ich nicht. Viele andere Möglichkeiten dort in meinem Dorf hatte ich dann auch nicht mehr und mir war sehr oft langweilig. Ich habe irgendwann nach der Schule nur noch sehr viel in meinem Zimmer gesessen und wusste nicht was ich machen sollte. Heimweh hatte ich aber nie.

Auch wenn sich die genannten Punkte jetzt sehr negativ anhören, würde ich das Auslandsjahr trotzdem immer wieder machen. Es gab auch sehr viele positive Sachen und ich habe unglaublich viel gelernt. Ich habe auch sehr tolle Leute kennengelernt, auch wenn der Kontakt zu den meisten mittlerweile abgebrochen hat. Ich bin auch sehr dankbar für alles was ich dort erleben durfte.

Mein eigentliches Problem ist aber das es mir immer noch sehr schwer fällt das ganze zu verarbeiten. Jedes mal wenn ich daran denke bekomme ich das Gefühl ganz viel dort verpasst zu haben. Während viele andere auf Footballspiele mit ihren Freunden waren oder eine zweite Familie gefunden haben, hatte ich nicht die Möglichkeit die ganzen Sachen die man gerne als Austauschschüler machen würde dort zu erleben. Es fällt mir einfach immer noch unglaublich schwer dies zu akzeptieren. Wenn ich daran zurückdenke, versuche ich nur an die guten Sachen zu denken, jedoch verändert dies mein Gefühl nicht. Auch weitere Besuche und die Jahre die danach vergangen sind haben nichts verändert.

Deshalb meine Frage: Hat sich jemand nach Rückkehr seines Auslandsjahres genauso gefühlt oder habt ihr irgendwelche Tipps wie ich komplett darüber hinwegkommen kann und mit der ganzen Erfahrung abschließen kann?

Vielen Dank und liebe Grüße

Hallo,

tatsächlich wird das Forum von Schülern, die aus dem Ausland zurück gekommen sind, sehr wenig genutzt. So wie deine Schilderung klingt, hast du gewiss in deinem Austauschschülerbekanntenkreis niemanden dem es ähnlich geht und deine Austauschorganisation bietet offenbar keine Rückkehrertreffen, dies es möglich machen, sich miteinader auch über Schwierigkeiten auszutauschen. Wenn sich keiner hier meldet und du das Gefühl hast, gar nicht für dich weiter zu kommen, solltest du in Betracht ziehen, eine psychologische Beratungsstelle zu nutzen, um das Austauschjahr und deine Rückkehr rückblieckend aufzuarbeiten. Manchmal helfen da bereits zwei, drei Gespräche um Ereignisse und Gefühle zu ordnen und besser damit umzugehen.

Viele Grüße und alles Gute auf deinem Weg!
Antje

Hallo!

Mir ging es nach meiner Zeit in Neuseeland ganz ähnlich. Selbst wenn ich insgesamt betrachtet eine wirklich fantastische Zeit hatte, hätte schon einiges besser laufen können, und ich habe nach meiner Rückkehr sehr oft darüber nachgedacht, was ich vielleicht alles hätte besser machen können. Rund zwei Jahre lang habe ich fast täglich daran gedacht, danach rund weitere zwei Jahre mehrmals pro Woche. Und selbst nun, über zehn Jahre nach meiner Rückkehr, denke ich zumindest noch gelegentlich darüber nach.

Ich kann dir nicht so richtig einen Ratschlag geben (Antje hat ja auch schon etwas dazu geschrieben), aber dich auf jeden Fall wissen lassen, dass es nicht nur dir so geht.

Liebe Grüße

Marie-Claire