Interview Sylvia Schill für die Broschüre von Stepin

Hallo Frau Schill. Zunächst vielen Dank, dass Sie sich etwas Zeit für uns genommen haben. Wo erreichen wir Sie gerade?
Ich hole meine Tochter von der Schule ab – eine aufregende Zeit, sie ist gerade in die 1. Klasse gekommen.

Bevor wir in das eigentliche Interview einsteigen, würden wir Sie zunächst bitten, sich unseren Lesern kurz vorzustellen.
In meinem eigentlichen Beruf bin ich Pressereferentin bei der Kultusministerkonferenz in Berlin und lebe hier seit sieben Jahren. Davor habe ich längere Zeit in Hamburg und Heidelberg gelebt und gearbeitet – fast immer im Presse- und Medienbereich. Meine Wurzeln liegen allerdings in Hessen.

Wir möchten das Interview im Folgenden in drei thematische Blöcke aufteilen:a) Ihr Buchprojekt, b) die Website www.schueleraustausch.de und schließlich c) das Thema Schüleraustausch im Allgemeinen. Beginnen wir daher mit Ihrem Buch Ein Schuljahr in den USA, das mit seiner 11. Auflage zweifellos als Standardwerk auf diesem Gebiet zu sehen ist. Erzählen Sie uns doch zunächst etwas über die Idee und Entstehungsgeschichte des Buches.
Die Idee zum Buch entstand vor – ich staune selbst, wie lange das schon her ist – 16 Jahren! Ich arbeitete zu dieser Zeit bei einer Austauschorganisation und merkte schnell, dass der Beratungsbedarf hoch ist. Literatur zum Thema gab es damals so gut wie keine. Die Idee war geboren. Christian Gundlach, der selbst ein Jahr in den USA verbracht hat, war ebenfalls Feuer und Flamme und mit viel Schweiß, Mühe und Arbeit hoben wir schließlich 1995 die erste Ausgabe aus der Taufe. Damals noch mit Excel gesetzt und vom Layout her – wenn ich es heute betrachte – übersichtlich.

Als Autoren werden Sie selbst und Christian Gundlach genannt, allerdings verweisen Sie in der Danksagung auf eine ganze Reihe weiterer Leute, die an dem Projekt mitgearbeitet haben. Wie dürfen wir uns die Arbeit an dem Buch konkret vorstellen?
Nun, heute ist es so, dass ich die Aktualisierungen komplett alleine mache. Ich verschicke einen umfangreichen Fragebogen an die Organisationen und arbeite die Ergebnisse in das Buch ein.

Parallel zum Buch existiert seit einigen Jahren eine eigene Website, an die ein sehr aktives Forum angeschlossen ist. Gerade vor dem Hintergrund der Entwicklungen der letzten Jahre (z. B. die Einführung des G8) gab es grundlegende Veränderungen im deutschen Bildungswesen, die auch den Bereich des Schüleraustausches betreffen. Inwieweit denken Sie, dass eine solche Plattform auch hinsichtlich der Arbeit von Austauschorganisationen zu mehr Transparenz verhelfen kann?
Ich bin der Meinung, dass Internetforen generell zu mehr Transparenz beitragen können, wenn es um Dienstleitungen, Erfahrungen mit Anbietern geht, oder auch um Marktveränderungen. Dennoch betrachte ich manche Äußerungen im Internet auch mit der nötigen kritischen Distanz, da die Gefahr einer Manipulation bestehen kann.

Wir hatten zuvor ja bereits das Stichwort G8 angesprochen. Um es etwas detaillierter zu formulieren: Einerseits lautet eines der großen Ziele der deutschen Bildungspolitik, zukünftige Generationen auf die globalisierte Welt und ihre Herausforderungen vorzubereiten, andererseits sehen viele Eltern die Möglichkeit eines Schuljahres im Ausland durch G8 nicht mehr gegeben. Was denken Sie – auch aufgrund Ihrer „Insider-Position“ als Presse-Referentin der Kultusministerkonferenz (KMK) – über diese Entwicklung?
G8 ist beschlossen, war an sich auch immer gewünscht im Hinblick auf internationalen Wettbewerb und im Übrigen in einigen Ländern schon lange vorhanden. Natürlich gibt es bei der Umsetzung am Anfang Ecken und Kanten, die werden sich allerdings abschleifen. Inwieweit G8 den Schüleraustausch beeinflusst, gibt es keine Belege, nur „gefühlte“ Tendenzen. Die Kultusministerkonferenz hat im Jahre 2008 beschlossen, dass bis 2011 Auslandsschuljahre anerkannt werden sollten. Wie dies umgesetzt wird, bleibt jedem Bundesland überlassen. Positiv stimmt mich, dass die Anzahl der Austauschschüler auch in diesem Jahr wieder gestiegen ist. Jedoch beobachte ich auch den Trend hin zu kürzeren und individuell planbaren Auslandsaufenthalten. Ich denke, man muss den Markt beobachten und gegebenenfalls als Organisation die Programmangebote einer neuen Nachfrage anpassen.

Eine Frage noch zu den USA: Amerika gilt in Deutschland – sicherlich auch historisch bedingt und trotz vieler anderer Möglichkeiten – immer noch als eines der beliebtesten Zielländer für den Schüleraustausch. Woran liegt das?
Die USA sind auch in Umfragen unter Jugendlichen, wohin sie am liebsten auswandern möchten, die Nummer 1. Vieles, was die westliche Welt prägt, kommt aus den USA: die populäre Musik, Hollywoods Traumkinosubkulturelle Trends, das unvermeidliche Fastfood. Zudem verbinden viele damit Freiheit, Vielfalt und unbegrenzte Möglichkeiten.

Bevor wir zum Schluss kommen, einen Tipp oder Ratschlag an Eltern, die ihre Kinder für einen Schulaufenthalt ins Ausland schicken möchten?
Überlegen sie bitte auch einmal, ob es wirklich die USA sein muss. Ein Austausch mit Polen, Ghana oder Finnland kann genauso spannend sein. Und – lassen Sie los, wenn Ihr Kind weg ist. Die Lücke können Sie beispielsweise füllen, indem Sie einen Austauschschüler aus einem anderen Land bei sich aufnehmen!

Und in der guten Tradition der berühmt-berüchtigten „letzten Worte“ – hier ist Ihre Chance!!!
Wenn Du den Austauschtraum hast – setze alles daran, ihn umzusetzen. Du schaffst es.

Vielen Dank.

Nachfolgend ist ein pdf-Dokument vom Lessing-Gymnasium in Frankfurt, das die Probleme beim Auslandsaufenthalt bei G8 benennt. So wird bespielsweise bei einem einjährigen Auslandsaufenthalt in der Einführungsphase ( 10.Klasse) kein Zeugnis mit dem Mittleren Bildungsabschluß ausgestellt, falls der Schüler nach der Rückkehr mit der Qualifikationsphase seinen Schulbesuch fortsetzt. Das wurde übrigens auch vor einigen Monaten von einem Verwaltungsgericht (Frankfurt?) so festgestellt.

http://www.lessing-ffm.de/pdf_documents/auslandsaufenthalt.pdf

Bernd

Hier ist dann noch ein Artikel über das Urteil vom Verwaltungsgericht Frankfurt.

Bernd

Baden-Württemberg hat das relativ genau formuliert:

[I] Schüler der Realschule und des Gymnasiums, die an ihrer Schulart von Klasse 9 nach Klasse 10 versetzt wurden, haben einen dem Hauptschulabschluss gleichwertigen Bildungsstand.

Schüler des Gymnasiums, die von Klasse 10 im neunjährigen Bildungsgang nach Klasse 11 oder im achtjährigen Bildungsgang in die erste Jahrgangsstufe versetzt wurden, haben einen dem Realschulabschluss gleichwertigen Bildungsstand. Schüler des Gymnasiums im achtjährigen Bildungsgang, die nach Teilnahme an einem längerfristigen Einzelschüleraustausch mit dem Ausland ohne Versetzungsentscheidung in die Kursstufe aufgenommen worden sind, erwerben einen dem Realschulabschluss gleichwertigen Bildungsstand, wenn am Ende der 1. Jahrgangsstufe nicht mehr als 20 % der angerechneten Kurse mit weniger als 5 Punkten in einfacher Wertung bewertet sind.[/I]

Viele Grüße, Ute

Ich hoffe, es dauert nicht immer ein halbes Jahr bis ein Interview (mit wem auch immer) hier reingestellt wird.:slight_smile:

http://www.stepin-on-tour.de/high-school-info-tour/interview-sylvia-schill

Bernd

Tut mir leid, Bernd, das habe ich einfach versäumt.