Hallo Sausalito,
ich weiß nicht, ob euch das hilft, was mir in den Sinn gekommen ist; ich poste einfach mal meine Gedanken; ob sie hilfreich sind, musst du dann beurteilen. :o
Ich denke, du solltest deinen Sohn daran erinnern, dass er ein Jahr in die USA wollte, um etwas ganz anderes kennenzulernen. Jetzt hat er diese ganz, ganz andere Erfahrung und sollte sie schätzen. (Auch wenn sich das vielleicht auf den ersten Blick gefühlskalt anhören mag…)
Die Erfahrungen, die dein Sohn gerade sammelt, sind wertvoll für sein weiteres Leben: er lernt kennen, wie es ist, sich allein zu fühlen, und weiß durch diese Erfahrung seine Freundschaften noch viel mehr zu schätzen. Er weiß, wie es ist, sich auch mal durchzuboxen, wenn Mama und Papa vielleicht nicht weiter wissen. Das ist ganz elementar, weil Mama und Papa eben nicht ein ganzes Leben lang da sind, und er auch später, wenn er woanders studiert, nicht so schnell aufgibt bzw. jedes Wochenende ‘nach Hause’ fährt. (Die Leute, die das machen, geben ihrer neuen Umgebung keine Chance, ihr zu Hause (und nicht das der Eltern) zu werden.) Ohne solche Erfahrungen, hat man es später schwer, sich im Leben zu verwirklichen - weil, wenn dann mal alle “zu Hause” weg sind (Opa stirbt, Mama und Papa ziehen um, Freunde studieren woanders) verliert man gleich ALLEN Halt. Das ist vielen Mitschülern von mir so gegangen, die sich (zu) lange an ihr Elternhaus gekettet haben. Und die Erfahrung ist viel viel schlimmer, als jetzt zu realisieren, dass man da zu Hause was hat, was man schätzt und liebt und verehrt und dass man sich trotz dessen auch allein durchkämpfen kann und neue Erfahrungen schätzt.
Als ich mal richtig down war, habe ich mir das Hörbuch “Liebe dich selbst und es ist egal, wen du heiratest” gekauft. Das hat mir unheimlich weitergeholfen, denn ich habe verstanden: durch die Einsamkeit verbringt man mehr Gedanken mit sich selbst, man lernt sich besser kennen, lernt: ob mich die anderen mögen oder nicht, ist zweitrangig, weil die Person, die ein Leben mit mir leben muss, bin ICH. Man sieht plötzlich viel deutlicher die eigenen positiven Eigenschaften und andere in einem anderen Licht. Wenn jemand einen nicht mag, egal aus welchen Gründen, sollte man das einfach akzeptieren. Ich bin selbstsicher, weil ich weiß, dass ich alles richtig gemacht habe - wenn jemand anderes eine Freundschaft verschmäht, z.B. weil mich die Person nicht gut genug kennenlernen will, ist das nicht mein Problem, sondern das der Person. Damit zeigt sie mir auch ganz eindeutig, dass sie nicht wert ist, ein Freund zu sein. Fakt ist: ich muss mit mir leben, nicht der andere mit mir. Genausowenig muss ich aber mit dem anderen leben.
Und: ob man sich im Alltag treffen kann, und im Alltag was mit Freunden unternimmt, ist egal - ich verbringe auch viele Abende zuhause. Meine beste Freundin wohnt auch 4 Stunden von mir weg. Wichtig ist nicht, sich oft zu sehen, sondern zu wissen, was man aneinander hat. Und das weiß dein Sohn doch (spätestens jetzt).
Dein Sohn sollte also verstehen: dadurch, dass er diese Erfahrungen macht, versteht er, wie wertvoll es ist, was er da in Deutschland hat und auch deshalb sollte er den Blick - auch wenn’s schwer fällt - in die Zukunft richten: sich darauf freuen, dass du kommst, dass er seine Freunde wiedersieht, und darauf vertrauen, dass diese Zeit vorbei geht. (Ich sage da immer: das Leben ist eine Sinuskurve - der nächste Hochpunkt kann nur ein Hochpunkt sein, wenn es davor einen Tiefpunkt gab.)
An den Dingen, die in der Vergangenheit passiert sind, kann er nichts mehr ändern. Wohl aber an der Zukunft: Wenn die Mitschüler ihm sagen, sie haben gerade keine Zeit, sollte er das nicht als böse oder frustrierend auffassen, sondern positiv: sie haben GERADE keine Zeit. Die richtige Antwort wäre also: “Okay, so when are you free?” Dann steht der andere im Zugzwang. 
Ich denke, wenn du den Blick deines Sohnes in diese Richtung schärfst, wird es ihm wieder besser gehen. Ich verspreche, spätestens zu Thanksgiving ist das Heimweh weg! Ich würde aber wetten, dass das schneller geht: Halloween. 
Liebe Grüße aus Hannover,
Wiebke