Heimweh

Mein Sohn ist jetzt seit 6 Wochen in Californien. Er hat wirklich die beste Familie gefunden, die er sich nur hat wünschen können- das betont er auch immer wieder.

ABER: Er leidet sehr unter Heimweh. Mitunter wurde das wohl dadurch ausgelöst, dass er sich sehr für ein Mädchen interessiert- die aber nichts von ihm wissen will und er hat Liebeskummer :frowning: Am Anfang hab ich gedacht, das vergeht schon wieder, aber dem ist leider nicht so…er ist richtig down.
Ausserdem macht ihm die Oberflächlichkeit seiner Mitschüler zu schaffen.
Am Anfang wollten sie alle etwas mit ihm ausmachen und waren total begeistert. Wenn er dann aber mal nachgefragt hat, hatte niemand mehr Zeit.
Das kennt er eben von hier überhaupt nicht- er ist hier in einer großen Clique.

Ich fühle mich recht hilflos. Auch die Tatsache, dass ich an Weihnachten und an seinem Geburtstag bei ihm und der Familie sein werde, ist ihm im Moment kein Trost. Wie kann ich ihm denn nur helfen?:confused:

Hallo Sausalito,

auch meinem Sohn sind Freunde in den USA nicht gerade in den Schoß gefallen, obwohl er kontaktfreudig ist und hier in Deutschland einen großen Freundeskreis hat. Es dauerte eine ganze Weile, bis er von “Freunden” sprach.

Treibt dein Sohn Sport in den USA? Mein Sohn hat nämlich über den Sport seine Freunde gefunden und weniger über die Mitschüler in den einzelnen Unterrichtsfächern.

Viele Grüße, Ute

Hallo Sausalito,

ich weiß nicht, ob euch das hilft, was mir in den Sinn gekommen ist; ich poste einfach mal meine Gedanken; ob sie hilfreich sind, musst du dann beurteilen. :o

Ich denke, du solltest deinen Sohn daran erinnern, dass er ein Jahr in die USA wollte, um etwas ganz anderes kennenzulernen. Jetzt hat er diese ganz, ganz andere Erfahrung und sollte sie schätzen. (Auch wenn sich das vielleicht auf den ersten Blick gefühlskalt anhören mag…)

Die Erfahrungen, die dein Sohn gerade sammelt, sind wertvoll für sein weiteres Leben: er lernt kennen, wie es ist, sich allein zu fühlen, und weiß durch diese Erfahrung seine Freundschaften noch viel mehr zu schätzen. Er weiß, wie es ist, sich auch mal durchzuboxen, wenn Mama und Papa vielleicht nicht weiter wissen. Das ist ganz elementar, weil Mama und Papa eben nicht ein ganzes Leben lang da sind, und er auch später, wenn er woanders studiert, nicht so schnell aufgibt bzw. jedes Wochenende ‘nach Hause’ fährt. (Die Leute, die das machen, geben ihrer neuen Umgebung keine Chance, ihr zu Hause (und nicht das der Eltern) zu werden.) Ohne solche Erfahrungen, hat man es später schwer, sich im Leben zu verwirklichen - weil, wenn dann mal alle “zu Hause” weg sind (Opa stirbt, Mama und Papa ziehen um, Freunde studieren woanders) verliert man gleich ALLEN Halt. Das ist vielen Mitschülern von mir so gegangen, die sich (zu) lange an ihr Elternhaus gekettet haben. Und die Erfahrung ist viel viel schlimmer, als jetzt zu realisieren, dass man da zu Hause was hat, was man schätzt und liebt und verehrt und dass man sich trotz dessen auch allein durchkämpfen kann und neue Erfahrungen schätzt.
Als ich mal richtig down war, habe ich mir das Hörbuch “Liebe dich selbst und es ist egal, wen du heiratest” gekauft. Das hat mir unheimlich weitergeholfen, denn ich habe verstanden: durch die Einsamkeit verbringt man mehr Gedanken mit sich selbst, man lernt sich besser kennen, lernt: ob mich die anderen mögen oder nicht, ist zweitrangig, weil die Person, die ein Leben mit mir leben muss, bin ICH. Man sieht plötzlich viel deutlicher die eigenen positiven Eigenschaften und andere in einem anderen Licht. Wenn jemand einen nicht mag, egal aus welchen Gründen, sollte man das einfach akzeptieren. Ich bin selbstsicher, weil ich weiß, dass ich alles richtig gemacht habe - wenn jemand anderes eine Freundschaft verschmäht, z.B. weil mich die Person nicht gut genug kennenlernen will, ist das nicht mein Problem, sondern das der Person. Damit zeigt sie mir auch ganz eindeutig, dass sie nicht wert ist, ein Freund zu sein. Fakt ist: ich muss mit mir leben, nicht der andere mit mir. Genausowenig muss ich aber mit dem anderen leben.
Und: ob man sich im Alltag treffen kann, und im Alltag was mit Freunden unternimmt, ist egal - ich verbringe auch viele Abende zuhause. Meine beste Freundin wohnt auch 4 Stunden von mir weg. Wichtig ist nicht, sich oft zu sehen, sondern zu wissen, was man aneinander hat. Und das weiß dein Sohn doch (spätestens jetzt).

Dein Sohn sollte also verstehen: dadurch, dass er diese Erfahrungen macht, versteht er, wie wertvoll es ist, was er da in Deutschland hat und auch deshalb sollte er den Blick - auch wenn’s schwer fällt - in die Zukunft richten: sich darauf freuen, dass du kommst, dass er seine Freunde wiedersieht, und darauf vertrauen, dass diese Zeit vorbei geht. (Ich sage da immer: das Leben ist eine Sinuskurve - der nächste Hochpunkt kann nur ein Hochpunkt sein, wenn es davor einen Tiefpunkt gab.)

An den Dingen, die in der Vergangenheit passiert sind, kann er nichts mehr ändern. Wohl aber an der Zukunft: Wenn die Mitschüler ihm sagen, sie haben gerade keine Zeit, sollte er das nicht als böse oder frustrierend auffassen, sondern positiv: sie haben GERADE keine Zeit. Die richtige Antwort wäre also: “Okay, so when are you free?” Dann steht der andere im Zugzwang. :wink:

Ich denke, wenn du den Blick deines Sohnes in diese Richtung schärfst, wird es ihm wieder besser gehen. Ich verspreche, spätestens zu Thanksgiving ist das Heimweh weg! Ich würde aber wetten, dass das schneller geht: Halloween. :slight_smile:

Liebe Grüße aus Hannover,
Wiebke

Liebe Wiebke,

vielen Dank für diesen wirklich hilfreichen Anstoß! Ich habe schon ähnliche Gespräche mit meinem Sohn geführt, aber eine neutrale Person kann das nochmal wesentlich besser ausdrücken. Ich werde ihm heute gleich eine Mail schreiben, wo ich genau diese (deine) Gedanken einfliessen lasse.

Leider macht er sein Selbstwertgefühl viel zu häufig von der Zuneigung seiner
Freunde/ Freundinnen abhängig. Da muss man wohl ansetzen, obwohl mir schon klar ist, dass in diesem Alter Freunde mit das Wichtigste überhaupt sind.

@Ute Er hat jetzt mit Soccer-Training begonnen (4 Mal/ Woche) und ich hoffe
auch, dass er dadurch neue Leute kennenlernen wird.

Dieses Wochenende verbringt er mit der Familie in San Diego- das wird ihn ablenken und ich bin mir auch sicher, er wird diesen Tiefpunkt überwinden.

Das Leben ist kein Ponyhof…:rolleyes:

In diesem Sinne nochmal vielen Dank!

Liebe Grüße
Sausalito

Hallo nochmal,
schön, dass dich meine Gedanken weiterbringen. :slight_smile:

Dass sich das Selbstwertgefühl deines Sohns über die Anerkennung von anderen definiert, ist zwar verständlich für das Alter. Du solltest ihm aber klar machen, dass Anerkennung immer nur zeitlich ist! Meinungen ändern sich. (Krass formuliert: auch Adolf Hitler wurde im höchsten Maß anerkannt. Und wenn man 13 ist, wer raucht.)
Ich habe schon früh gelernt, dass mein Leben nur “schön” ist, wenn ich zufrieden bin. Ob die anderen das sind, ist zweitrangig. Ist ja - wie gesagt - mein Leben.
Er soll also auf sein Herz hören und in sich reinhören, was er denkt.

Liebe Grüße,
Wiebke

Vielen Dank Wiebke!
Ich hatte hier etwas Heimweh und ich war auch erst verwirrt dass die Leute hier nach der Schule nichts unternehmen wollen und dachte es läge an mir. Doch seit dem ich Cross Country mache verstehe ich. Fast jeder ist in einen sport involviert und die Leute sind einfasch zu müde nach dem Training und der sport ist einfach alles für sie. Und auch bei mir sind meine bisher besten Freunde aus meinem Team mit denen ich ja fast jeden Tag mehrere Stunden verbringe und mit denen ich zu Wettbewerben fahre. Also würde ich jedem raten einem Team beizutreten! Und danke ja es scheint dass es wirklich dass wichtigste ist wenn man mit sich selbst zufrieden ist! Ich glaube und hoffe dass ich nun weniger Heimweh haben werde:)
LG Kraison

Wie ist es denn mit anderen ATS an der Schule? Das war fuer mich hier am Anfang eien grosse Hilfe. Ich hatte zudem auch ziemlich grosses Glueck mit meiner Familie, dass war einfach nur imemr superschoen. Aber am Anfang war es wie gesagt in der Schule teilweise total schwer - da kamen meine ersten grossen Heimwehattacken, so ganz allein in der Schule, und du bistr einfach verzweifelt und irgendwie ein bisschen panisch, dass du nie freunde finden wirst hier. Dann habe ich halt die anderen Austauschschueler aus der Schule kenen gelernt, zwei aus Deutschland, und ein paar andere, und von da ab war irgendwie alles gut, weil du eine Art Anker hattest - eine kleine Gruppe von Leuten, die sich GANZ genauso fuehlen wie du (ich war so gluecklich als mich gloria, aus spanien, mit diesen Worten begruesst hat: “Hey! Faellt es dir auch so schwer, Freunde zu finden??” :D) und da hat man sich voll schnell verbunden gefuehlt. Vielleicht ist das nicht imemr so, aber die ATS waren einfach supertoll. Und wenn du dann eine Gruppe von Leuten hast, die nicht wie fluechtige amerikansiche Freunde immer fuer dich da ist, gehst du viel lockerer mit allem um, und Freunde finden ging ploetzlich super easy.
Vielleicht hilft das ein bisschen, was ich dann angefangen hab zu denken: Ich sollte das “freunde’finden” nicht als eine unueberwindbare Huerde sehen, sondern es irgendwie geniessen - weil es im Grunde so schoen ist, neue Leute kenn zu lernen, wenn man erstmal alle anspricht! Auch wenn man nicht von Anfang an richtig enge Freundschaften schliesst (Natuerlich nicht!) kann man doch schonmal gluecklich ueber all die neuen Bekanntschaften, die man im Grunde jeden Tag macht, sein.

Liebe Gruesse!

An meiner Schule sind drei weitere ATS ich habe aber nur zwei von denen je gesehen und mit ohene gesprochen O.o

oh ja…ich hatte auch heimweh… alleridngs ist das schon wieder weg… was richtig hilft ist sowas wie im internet fernsehen gucken und dabei deutsche schokolade essen… :wink:
sollte er mal ausprobieren…

wir sind so 5 deutsche ats die immer so ziemlich viel machen…
also und dann hat man halt die die im unterricht neben einem sitzen…

das heimweh wird vorbei gehen und wenn er jetz fußball spielt dann passt das schon… ihn einfach nur noch n bisschen aufbauen…
was mich total aufbaut ist die tatsache das meine eltern mich in auch schon in ein bisschen mehr als 2 monaten besuchen kommen :wink:
da freue ich mich schon drauf und jedes wochenende skypen :wink:

das wird schon noch

Vielleicht kann dich das ja ein bisschen beruhigen:
Als ich für ein Jahr in Amerika war, habe ich die ersten 3 Monate sehr oft geweint und habe noch sehr oft an Zuhause gedacht. Es war eine schwere, aber auch gute Zeit. Mit der Oberflächligkeit kam ich am Anfang auch gar nicht klar und es war schwer Freunde zu finden. Mein Rat an Ihren Sohn würde sein: Lern viele Leute kennen und irgendwann wird er erkennen ob es ein richtiger Freund ist oder nicht. Das Verhalten gibt darüber Auskunft. Einfach viele Leute kennen lernen und dann wird sich auf jeden Fall jemand finden.
Ab dem 4. Monat ging es übrigens bergauf was Heimweh anging. Ich bin immer vorsichtig wenn ich sage Heimweh. Ich hatte kein wirkliches Heimweh, ich habe Zuhause nur etwas vermisst und halt auch geweint, aber mir ging es in meiner Familie auch total gut.
Sie müssen Ihrem Sohn Zeit lassen. Wenn er ein Jahr bleibt dann wird er damit klarkommen und sich daran gewöhnen :wink:

Ich habe fünf Monate in den uSA verbracht und mein Heimweh hat immer sehr stark variiert. In den ersten zwei Monaten (September und Oktober) hatte ich gar kein Heimweh. Alles war neu, anders und interessant. Im dritten und vierten Monat (November und Dezember) Hattrick ganz schlimmes Heimweh. Im November wird es daran gelegen haben, dass ich keine Beschäftigung nach der Schule mehr hatte. Die Swim Season war vorbei. Ich hingen also jeden Nachmittag alleine zu Hause rum. Weil mich niemand wo hinfahren könnte. Aber auch darangabst mich der Alltag eingeholt hatte. Im Dezember war ich zwar meistens immer noch alleine, weil meine Freunde einfach keine Zeit hatten. Da sie entweder arbeiteten oder zu weit weg wohnten, zusätzlich dazu kam dann noch die Vorweihnachtszeit und Weihnachten selbst. Im letzten Monat wollte ich dann hat nicht nach Hause, hatte sogar überlegt zu verlängern, aber ich wusste das ich ein Jahr nicht durchhalten kann. Deshalb bin ouch nach Hause geflogen. Das Auslandsjahr hat mich eindeutig gestärkt aber auch kaputt gemacht. Viele Sachen die für mich vorher normal waren musste ich mir zu Hause erst wieder aufbauen.