Erfahrungsberichte aus den USA

Hier findest du die auf schüleraustausch.de veröffentlichten Erfahrungsberichte aus den USA:

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[]Jessica aus Buchen (2007/2008)
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]Eva aus Lüdenscheid (2005/2006: Kalifornien)
[]Ann-Kathrin aus Bremerhaven (2004/2005: Tennessee)
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]Lea aus Neuss (2004/2005)
[]Sabrina (2004/2005)
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]Alexandra-Vanessa aus Darlingerode (2004/2005)
[]Carina aus Garbsen (2004/2005)
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]Julia aus Berlin (2003/2004: Texas)
[]Verena aus Sievern (2003/2004: Nebraska)
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]Andrea aus München (2003/2004: Michigan)
[]Jana aus Cottbus (2003/2004: Wyoming)
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]Luise aus Altensteig (2003/2004: Montana)
[]Maike aus Langwedel (2003/2004: Michigan)
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]Sandra aus Bayreuth (2003/2004)
[]Nicola aus Klingenberg (2002/2003)
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] Claudia aus Oldenburg (2002: Wisconsin)
[] Alke aus Hamburg (2001/2002: Arizona)
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]Hella aus Ferndorf (2000/2001: Florida)
[] Jasper aus Hamburg (2001/2002: Nevada)
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]Sarah aus Berlin (2000/2001: Indiana)
[]Felix und [URL=„http://www.schueleraustausch.de/sa/berichte/luise.shtml“]Luise aus Berlin(1999/2000: Colorado)
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]Inge u. Stephanie (1999/2000: Wisconsin)
[]Katja aus Hamburg (1999/2000: North Dakota)
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]Samuel (1999/2000: Kalifornien)
[]Sita aus Hamburg (1999/2000: Kansas)
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]Christine (1998/1999: Arizona)
[]Jan (1989/1990: New York)
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]Christian aus Hannover (1987/1988: New York)
[*]Nicolaj (1987/1988: Kalifornien)
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Wer sein Leben anschieben will, es bewegen will, der muss auf und davon
Vor ungefähr zwei Jahren wurde mir klar, dass in meinem Leben etwas Spannendes passieren musste. Ich war genervt von der öden Alltagsroutine, wollte neue Leute kennen lernen, neue Erfahrungen sammeln und ein Abenteuer erleben. Ich war mir sicher, ich muss auf und davon!
Viele Jugendliche verbringen zurzeit ein Jahr im Ausland, wobei die USA das beliebteste Reiseziel sind. Ich hatte im Voraus schon ab und zu mit dem Gedanken gespielt, ein Schuljahr an einer amerikanischen High-School zu verbringen, war mir aber nicht ganz sicher, ob ich dafür gewachsen war.
Als ich nach intensiver Internetrecherche dann schließlich auf das parlamentarische Patenschafts Programm (kurz: PPP) stieß, hatte ich nur noch ein Ziel vor Augen: Ich werde die elfte Klasse in den Vereinigten Staaten verbringen und mein Bestes geben, Deutschland würdig zu repräsentieren. Das PPP vergibt seit 1983 Stipendien an Schüler, die für zielstrebig und geeignet gehalten werden, Deutschland in den USA gut zu vertreten und die freundschaftliche Beziehung der Länder zu festigen. Mit dem PPP werden jährlich circa 230 deutsche Schüler und junge Berufsauszubildende in die USA geschickt. Aus jedem Landkreis wird ein Schüler von seinem Paten, einem Bundestagsabgeordneten, ausgewählt.
Der Bewerbungsprozess war lang und zäh und mit viel Aufwand verbunden. Ich hatte eine 25-seitige Bewerbung auszufüllen in der ich unter anderem einen Brief an meine zukünftige Gastfamilie schreiben, und detaillierte Informationen über mich und meine Interessen preisgeben sollte. Im November 2008 stand dann schließlich mein erstes Auswahlgespräch statt. Die Organisation, über die das Programm läuft, ist Partnership International. Zu diesem Auswahlgespräch waren 14 Schülerinnen und Schüler aus dem Landkreis Böblingen eingeladen. Beim gemeinsamen Gruppeninterview stellten wir uns alle kurz auf Englisch vor und wurden dann mit Fragen über die Geschichte beider Länder und politische Beziehungen gelöchert. Im anschließenden Einzelinterview sollten wir erklären wie wir in bestimmten Situationen, die uns während des anstehenden Jahres erwarten könnten, reagieren würden. Nach drei Stunden war die Sache gelaufen.
Dann begann das lange Warten. Bis Mitte Februar hatte ich nichts gehört und war mir also nicht im Klaren, dass ich noch im Rennen um das begehrte Stipendium war. Eines Montags, jedoch, erhielt ich einen Anruf, dass Herr Toncar, der FDP-Abgeordnete des LK Böblingen, mich am nächsten Tag gerne in seinem Wahlkreisbüro antreffen würde. Ich konnte den nächsten Tag kaum erwarten, meine Zukunft und mein großer Traum standen schließlich auf dem Spiel. Das Gespräch am Tag darauf verlief ähnlich wie das erste Auswahlgespräch, außer dass ich nun ganz auf mich alleine gestellt war. Herr Toncar war sehr freundlich und half mir, wenn ich nicht mehr weiter wusste, auf die Sprünge. Nach einer knappen Stunde verließ ich mit gutem, aber gleichzeitig sehr aufgeregtem Gefühl das Wahlkreisbüro.
Gleich am nächsten Tag erhielt ich einen Anruf, dass er mich für das Stipendium ausgewählt hatte. Ich konnte es natürlich kaum fassen und war einfach nur überglücklich.
Anfang Mai erhielt ich dann schließlich meine mir zugeteilte Gastfamilie, in der ich die nächsten zehneinhalb Monate verbringen würde. Es ging nach Sartell, Minnesota, auf in den Mittleren Westen. Meine Gastfamilie hat zwei Töchter im Alter von sieben und elf Jahren, meine Gasteltern sind beide 32, also ziemlich jung.
Doch nichts läuft gut ohne eine ausführliche Vorbereitung. Also machte ich mich in den Pfingstferien mit dem Zug auf nach Würzburg wo mich, zusammen mit einigen anderen PPP-Stipendiaten, eine Woche voller intensiver Vorbereitung erwartete. Es war schön die anderen Abenteurer kennen zu lernen, da wir alle das gleiche Ziel hatten: Unser Jahr sollte der reinste Erfolg werden!
In dieser Woche lernten wir sehr viel über die Unterschiede und Gemeinsamkeiten beiden Länder, diskutierten über politische Beziehungen und erfuhren alles, was organisatorisch notwendig war um ein tolles Jahr zu verbringen. Die Woche war sehr anstrengend und kräfteraubend, hat aber auch unglaublich viel Spaß gemacht und wir alle haben die Zeit genossen.
Im Juli durfte ich dann noch über ein Wochenende mit Herrn Toncar und einigen anderen Jugendlichen aus dem Landkreis nach Berlin fahren und die Hauptstadt, die sehr viel zu bieten hatte, besser kennen lernen.
Nachdem das Visum beantrag worden war und alle formellen Dinge erledigt worden waren, standen meine letzten Tage in der Heimat, eine Abschiedsparty und eine lange Packliste auf dem Plan. Meine letzten Tage verbachte ich mit Freunden und Familie ehe das Abenteuer dann endlich los ging. Dann hieß es schließlich Frankfurt-Washington, Washington-Chicago, Chicago-Minneapolis.
Müde aber andererseits auch total gespannt kam ich schließlich in meinem „Heimatland auf Zeit“ an. Am Flughafen wurde ich von einem Freund meiner Gastfamilie abgeholt bei dem ich auch die erste Nacht verbringen sollte, da sie auf einer Hochzeit waren. Am nächsten Tag lernte ich sie dann endlich kennen und meine ersten Eindrücke waren sehr positiv und sie schienen sehr nett.
Das Haus ist typisch amerikanisch, ich habe mein eigenes Zimmer und Badezimmer, große Küche mit typisch amerikanischem Kühlschrank, außerdem eine große Garage. Die ersten Wochen waren sehr entspannt, wir fuhren in den Zoo, zu den Quellen des Mississippi und ich lernte die Großfamilie kennen ehe endlich die Schule begann.
Auf meinem Stundenplan standen Psychologie, Kochen, Französisch und American Gouvernement. Die Schule ist typisch amerikanisch, wie man sie aus Filmen kennt, das Essen besser als erwartet, die Leute nett, aber oberflächlich. Ich ging gerne hin.

Jeden Morgen geht es mit dem typisch amerikanischen gelben Schulbus zur Schule, die um 8:40 Uhr beginnt. Um 12:17 Uhr gibt es Mittagessen und um 15:18 endet die Schule. Anschließend standen bei mir jeden Tag zwei Stunden Tennis auf dem Programm. Das Team war super und bald hatte ich mich auch schon auf Nummer zwei gespielt. Jeden Dienstag und Donnerstag hatten wir ein Spiel und ich genoss es sehr, ein Teil des Teams zu sein.
Außerschulisch erlebte ich außerdem Dinge wie den „Homecoming Ball“, zu dem ich zusammen mit einigen Freundinnen ging, die Schule reiste gemeinsam nach Minneapolis um unser Footballteam, das eine geniale Saison spielte, zu unterstützen und so wurde ich mit dem „High-School Spirit“ vertraut gemacht und fand großen Gefallen an ihm. Außerdem unterrichtete ich meine Französischklasse für zwei Tage an denen meine Lehrerin krank war und leistete Freiwilligendienste in der Kirche.
Es dauerte nicht lange und ich hatte mit dem ersten Heimweh zu kämpfen. Ich vermisste meine Familie und Freunde, die tollen Gespräche, eine nette Umarmung und lernte die Kleinigkeiten, die mir in meinem Leben so selbstverständlich vorkamen, immer mehr zu schätzen. Ich kämpfte mich durch und biss die Zähne zusammen bis bald auch schon das erste große Fest, Halloween, anstand.
Alle Häuser waren mit Kürbissen dekoriert und auch wir höhlten fleißig einige aus, was sehr viel Spaß machte. Meine kleine Gastschwester und ich gingen, zusammen mit meinem Gastvater, von Tür zu Tür und fragten nach Süßem. Das war eine Erfahrung…
Mitte November stand die „International Education Week“ an, in der während der ich einige Vorträge an meiner Schule über Deutschland hielt. Dabei ging ich auf die kulturellen und politischen Unterschiede ein, erzählte vom alltäglichen Leben, genauso wie vom Schulsystem, deutschen Autos und dem VfB Stuttgart.
Und es dauerte auch nicht lange, da stand das wohl größte amerikanische Feiertag nach Weihnachten an: Thanksgiving. Dazu kam die ganze Familie zum großen Truthahn Dinner zusammen und wir verbrachten gemeinsam den Tag, es war wunderschön. Am Freitag nach Thanksgiving ist hier in den USA großer Shoppingtag und alle gehen auf Schnäppchenjagd, da die Preise unschlagbar sind. Also machten wir uns um drei Uhr morgens auf zu „Best Buy“ und der Mall und kamen mit gefüllten Tüten um die Mittagszeit wieder zu Hause an. Am folgenden Wochenende wurde dann schon für den nächsten Feiertag, Weihnachten, vorbereitet. Wir steckten den Plastikweihnachtsbaum gemeinsam zusammen und schmückten ihn richtig kitschig mit Schneegirlande und unzähligen Ornamenten.
Mittlerweile war in der Schule schon das zweite Quater angebrochen was für mich einen anderen Stundenplan und Turnen anstatt Tennis bedeutete. Da ich vorher kein Turnen machte, aber etwas neues Ausprobieren wollte und eine weitere Herausforderung suchte, kam es gelegen. Ich wurde sehr nett im Team aufgenommen, arbeitete viel an meine Schwächen und konnte gegen Ende der Saison sogar meinen Vorwärtssalto stehen. Das waren tolle Zeiten.
Andererseits war die Weihnachtszeit auch sehr schwer für mich, da ich meine Familie noch mehr vermisste. Sie schickten mir tolle Pakete und Briefe und hielten mich mit ihrem Leben auf dem Laufenden. Ich sehnte mich nach unseren traditionellen Familienfesten und nach meinen Freunden. Gegen Ende Januar war mein „Heimwehtief“ aber schließlich überstanden und nachdem nun die Halbzeit meines Jahres vorbei ist, fühle ich mich hier richtig wohl und wie ein Teil meiner Gastfamilie. Ich genieße den frostig kalten Winter in Minnesota und träume auch schon seit einiger Zeit auf Englisch.
Nun ist es der 28 Januar 2010 und mich erwarten noch fünf weitere spannende Monate…