Wir erwarten unsere Gastschülerin aus Taiwan

Hallo,
gern will ich uns hier kurz vorstellen.
Wir sind eine 4 köpfige Famile und haben bisher nur gute Erfahrungen mit dem Auslandsaufenthalt unserer Kinder gemacht. Unser Sohn war 2013 für 2 Monate in Australien (Tasmanien) und hat eine sehr schöne Zeit dort verbracht. Er macht gerade sein Abitur und wird im September für ca. 1 Jahr nach Neuseeland fliegen um dort „work and travel“ zu machen.
Unsere heute 16-jährige Tochter war von August - Dezember 2014 in einer sehr netten Gastfamilie in Texas.
Auf ihren Wunsch hin, und weil wir ja ab September ein Zimmer frei haben, werden wir nun zum ersten Mal für einen längeren Zeitraum Gastfamilie. Die Entscheidung fiel auf eine 17-jährige Schülerin aus Taiwan, die nach ihrem Profil sehr gut in unsere Familie passt. Wir haben seit einigen Wochen regen Mail-Kontakt, sie scheint selbst sehr interessiert und offen zu sein, lernt seit ca. 1/2 Jahr intensiv Deutsch.

Um mich etwas vorzubereiten war ich auf der Suche nach Erfahrungsberichten von Gastfamilien und musste (wie schon einige andere hier im Forum) leider feststellen, dass das Angebot nicht sooo riesig ist. Gastschüler aus Asien werden oft als „etwas besonders“ beschrieben, wir nehmen diese Herausforderung sehr gern an und freuen uns auf einen hoffentlich regen Kulturaustausch.
Hat jemand eigene Erfahrungen oder Tips für unser zukünftiges Zusammenleben?

Viele Grüße
Andrea

Hallo Andrea,
schön, dass ihr euch entschieden habt, eine Schülerin aus Taiwan zu hosten. :slight_smile: Ich habe viele Jahre Austauschschüler in Deutschland betreut. Darunter waren auch einige aus Taiwan. Ein paar Tipps kann ich dir geben, aber ich habe sehr unterschiedliche Erfahrungen mit Taiwanesinnen gemacht. Manches trifft vielleicht mehr zu, als anderes.

Darf ich fragen, wo du mit deiner Familie wohnst? Ich könnte mal bei einer meiner ehemaligen Gastfamilien anfragen, die oft gehostet hat, und auch einige ATS aus Asien hatte. (Ein Mädchen aus Taiwan war auch dabei, das lief ausnahmsweise aber nicht gut.) Die könnten dir sicher einige Tipps geben. Vielleicht würden sie dir die Gelegenheit geben, dass ihr mal telefoniert o.ä., wenn du Interesse daran hättest?

Ein paar Tipps, die ich dir geben kann:

  • Schüler aus Taiwan sind unheimlich freundlich. Sie sind dazu erzogen, alles zu essen, und freundlich zu lächeln, auch wenn sie sich das eigentlich herunterwürgen. Du wirst immer hören, dass das Essen gut geschmeckt hat, der Koch soll nie beleidigt werden. Ein kaltes Abendbrot und ein kaltes Frühstück ist ein Taiwan eher unbekannt, damit wird sich die Schülerin vor allem am Anfang erfahrungsgemäß etwas schwer tun. Wenn du heraus finden willst, was sie wirklich (gern) mag, gib ihr zu Beginn einige Alternativen, bzw. verlange nach einiger Zeit eine Entscheidung (“Möchtest du heute lieber A oder B essen?”). Vermutlich wird sie dir sagen, dass beides okay ist (das nimmst du dankend an), aber bestehst auf ihre Entscheidung. Bitte wunder dich auch nicht, wenn vor jedem Essen ein Bild vom Essen gemacht wird. Das war für mich sehr gewöhnungsbedürftig.

  • Limitiere von Anfang an den Internet und Telefonzugang. Ich kann nicht betonen, wie wichtig das ist. Viele tun sich, gerade am Anfang, schwer damit, aber es ist einfacher, am Tag 1 “allgemeine Hausregeln” zu besprechen, als erstmal einen schlechten Rythmus zu machen, und dann “Privilegien” wieder wegzunehmen. Ich hatte eine Familie, deren taiwanesischer Schüler sich öfter im Zimmer eingeschlossen hat, und abends/nachts mit der Familie und Freunden exzessiv gechattet hat, und am nächsten Morgen nicht aus den Federn kam.

  • Biete ihr Hilfe bei den Hausaufgaben an und sage ihr, dass du nicht erwartest, dass sie Einsen und Zweien nach Hause bringt. Taiwanesische Schüler stehen zu Hause meist um 6 auf, gehen um 7 in die Schule, bleiben dort bei Frontalunterricht bis 15 Uhr, haben dann eine halbe Stunde Mittagspause, gehen danach (alle!) zur “Nachhilfe” bis ca. 7 Uhr, gehen dann nach Hause, essen, machen Hausaufgaben, und gehen um ca. 22 Uhr ins Bett.
    Einige Taiwanesinnen haben in der Schule kein Physik oder höhere Mathematik, weil die naturwissenschaftlichen Fächer nur den Jungen beigebracht wird. Da wird sie dem Unterricht ggf. nur schwer folgen können.
    Sprich vllt. auch mal mit der Schule. Einige meiner Austauschschüler hatten die Gelegenheit, in der Zeit, wo Physik, Deutsch oder Religion in der 10./11. stattfindet, den Deutschunterricht der 5./6. zu besuchen. Das war für beide Seiten bereichernd.

  • Während deine Gasttochter gut schreiben kann, hat sie wahrscheinlich Probleme damit zu sprechen. Es wird in Asien oft als Schande empfunden, wenn man nicht perfekt spricht, und dann schweigt man lieber ganz. Eine Sprache kann man aber nie perfekt, wenn man sie nicht ausprobiert, und vllt. auch mal Fehler macht. Es wird schwierig sein, ihr diese Deutsche Einstellung zu vermitteln. Ich würde das ansprechen, wenn du nach ein paar Wochen merkst, dass sie nicht gern redet.

Falls du gezielte Fragen hast, immer her damit. :smile:

Liebe Grüße aus Hannover,
Wiebke

Liebe Wiebke,

ganz herzlichen Dank für deine schnelle Antwort und die tollen Tipps! :smile:

Wir wohnen ziemlich im Süden in der Nähe von Tübingen. Bin gespannt, ob du hier auch Kontakte hast, das würde mich freuen. Wobei es eigentlich egal ist, beim telefonieren (mit einer andern Gastfamilie) sind die Entfernungs-Km ja nicht relevant… :stuck_out_tongue_winking_eye:

Heute hatten wir unsere Betreuerin zu Gast. Es war ein sehr gutes und lockeres Gespräch. Sie fand meine Anmeldung hier ganz gut, da es auch von ihr und innerhalb der Orga nicht so viel Gasteltern-Austausch gibt, wie ich mir das wünsche. Da es meistens nicht so viel Gast-Schüler an einem Ort gibt, finden wohl Treffen mit den Gastfamilien eher nicht statt. Ich werde mal noch weiter surfen, stoße bestimmt noch auf den einen oder anderen Beitrag…
und werde natürlich meine offenen Fragen hier sofort loslassen…
Danke nochmal.

Gruß Andrea

Hallo Andrea,

ja, ich habe auch in der Umgebung von Tübingen Kontakte, allerdings keine ehemaligen Gasteltern. :stuck_out_tongue_winking_eye: Meine ehem. Gastfamilien leben alle in Niedersachsen & Umgebung. Ich schaue mal wegen einem Telefonat.

Vielleicht magst du auch eure Betreuerin mal fragen, ob sie Kontakt zu anderen Gastfamilien herstellen kann? Selbst, wenn Orga-seits keine Treffen stattfinden, kann man sich ja privat kurzschließen. Das haben übrigens auch meine Familien oft gemacht. :slight_smile:

Liebe Grüße,
Wiebke

vielen Dank schon mal vorab!
An der Schule unserer Tochter sind aktuell 2 Chinesinnen platziert. Vielleicht schaffe ich es ja, die Gastfamilien ausfindig zu machen und Kontakt zu knüpfen.

Im Moment hat die Betreuerin nur uns in ihrem Kreis, das kann sich ja noch ändern, wir sind “früh dran” :stuck_out_tongue_winking_eye:

Wir bekommen auch eine Gastschülerin aus Taiwan im August!
Wir hatten aber auch schon eine Japanerin,ein thailändisches Mädchen,und einen chinesischen und einen thailändischen Jungen.
Trotzdem ist es wieder aufregend.Vielleicht magst Du Dich mit mir austauschen?Wir wohnen in Berlin.

Hallo CharlyGolf,
oh ja, das freut mich sehr, dass du dich hier gemeldet hast!
Hast du von den vergangenen Gastschülern irgendwo online schon berichtet?
Mir kommt gerade noch eine andere Frage in den Sinn…:
Bist du Funker - wg. deinem Nickname? :stuck_out_tongue_winking_eye:

Da ihr “Wiederhohlungstäter” seid, habt ihr einige positive Erfahrungen gesammelt - darauf bin ich gespannt!
… natürlich auch auf alles andere…

Nein, es gibt von mir nicht so viel im Internet.Und ja ich funke!
Die asiatischen Gastschüler waren sehr verschieden, aber nicht generell schwieriger als die europäischen oder amerikanischen.
Die Tendenz, sich vom Familienalltag zurückzuziehen, ist aber bei den asiatischen ausgeprägter gewesen. Auch die Tendenz, zu" vergessen", was verabredet wurde.
Du solltest alle Infos Deiner Organisation lesen und befolgen, die Tips für die erste Zeit z.B.,die sind bei allen Org recht gut.
Ich schick Dir gerne genauere Erfahrungsberichte über email , wenn ich herausfinde, wie das hier jetzt geht.
Sprecht ihr schon deutsch im Kontakt mit der Taiwanesin?
LG

Mein Mann hat auch 'ne Funklizenz, in der Praxis läuft aber schon lange nichts mehr…
Ihr scheint ja ganz internationale Erfahrungen mit Gastschülern zu haben. Das finde ich toll. Wir stehen noch ganz am Anfang und ich als leichter “Orga-Freak” mache mir vermutlich zuu viele Gedanken über die “Eventualitäten”…
Mit unserer Gaschschülerin schreiben wir fast ausschließlich Englisch, das beherrscht sie perfekt, sie spricht mit ihrer Mutter viel Englisch. Ich bringe bei jeder Mail 1-2 leichte deutsche Sätze mit ein (die sie vermutlich noch in den Übersetzter übernimmt). Wenn sie deutsche Wörter unterbringen kann, dann schreibt sie auch gemischt, wie z.B." Guten Tag my dear hostfamily"
Viel ist es aber nicht. Sie besucht Samstags einen Deutsch-Intensivkurs und lernt angeblich täglich 3 Stunden zusätzlich. Bin gespannt, wie gut sie zumindest versteht, wenn sie dann hier ist.

Ihre Wünsche kann sie schon recht gut direkt äußern. Sie hat z.B. zu einem Segelbild unserer Tochter gleich gefragt, ob wir das nicht auch machen könnten, wenn sie da ist.
Auf die Frage unserer Tochter, ob sie Schokolade mag (was auch immer es für Schokolade in Taiwan gibt…) hat sie ganz diplomatisch, aber doch direkt geantwortet: Ja, aber nur im Schokoladenkuchen.
Wir sind auch über Facebook und instagram mit ihr verbunden. Da musste ich gleich mal (typisch Deutsch) direkt werden. Sie hat vor lauter Freude Bilder unserer Familie gepostet (bei 1.293 FB-Freunden :flushed:) . Ich hab ihr erklärt, dass wir lieber unsere Privatsphäre im Internet haben, bzw. gern selbst steuern, was dort eingestellt wird. Sie hat dann sofort wieder alles gelöscht und sich hundert Mal entschuldigt.
So lernen wir uns näher kennen - ist jetzt schon spannend!

Mit Eventualitäten meinst du was ?
Ich sag mir immer, der Gastschüler ist viel aufgeregter, nervöser und in viel schlechterer Position als ich, sobald er bei uns ist! Damit lässt sich Aufregung und Nervosität ganz gut meistern.
Dass asiatische Gastschüler ihre Wünsche nicht äußern, kann ich auch nicht bestätigen,Sie sind in Gegenteil manchmal recht fordernd und vor allem ,für uns überraschend, setzen sie gerne ihren Willen durch.
Genieß die Vorfreude! Hat Deine Tochter das Gastkind ausgesucht?Warum seid ihr auf Taiwan gekommen?

Mit Eventualitäten meine ich vor allem, wie unterschiedlich unsere Kulturen sind. Ich möchte ein Gespür dafür bekommen, was für sie ein NO-GO ist, bei uns aber ganz normal. Wie z.B. lautes Nase-putzen (und das noch am Tisch!!) oder auch nur der Begrüßungs-und Abschiedskuss mit meinem Mann…
und umgekehrt…
Ich wusste auch nicht, dass es dort 3 warme Mahlzeiten am Tag gibt und es vielen Asiaten schwer fällt, sich auf’s Brot umzustellen…
Wir haben unsere Gastschülerin gemeinsam mit unserer Tocher ausgesucht und dabei zunächst mal gar nicht auf die Nationalität geschaut. Es ging hauptsächlich um passende persönliche Interessen und den Gesamteindruck. Am Ende hatten wir eine Finnin und die Taiwanesin in der engen Auswahl. Die Entscheidung schwankte einige Tage, bis wir uns gefühlsmäßig bewusst für “die große Aufgabe” entschieden haben. Wichtig dabei war, dass wir der Meinung sind, die Taiwanesen passt einfach besser in unsere Familie. Es wird sich zeigen, ob wir richtig liegen.
Erst nach der Zusage habe ich mich auf die Suche nach Info’s zu asiatischen ATS gemacht.

Nun, Du wirst sie vor beiden und anderen kulturellen Eigenarten der Deutschen nicht bewahren können!:wink:
Umgekehrt ist es ja auch interessant. Wie lange könnt ihr ertragen, wenn das Gastkind immer hochzieht(schnieft) bei Tisch?
Gerade auch die Essgewohnheiten- darauf kann man zu hause wohl Rücksicht nehmen und ihr Freude bereiten , wenn es Reis gibt, aber schafft man das jeden Tag? Werden Geräusche beim Essen auch in der Schulkantine toleriert?
kannst Du bei jeder Kussszene im Fernseher wegzappen?
Es ist wirklich ein großer Schritt für die jungen Leute aus ihrem vertrauten Umfeld, und eine liebevolle Gastfamilie ist eine tolle Basis für das Jahr!. Das sich Gastgeschwister gut verstehen ist auch sehr wichtig! Da läuft dann viel “Anpassung” quasi nebenbei.
Vielleicht kannst Du Dir von der Org auch das “Willkommen in Deutschland”-Buch schicken lassen. Die meisten Org haben eins auf englisch für ihre anreisenden Schüler. Darin wird Deutschland recht genau erklärt. Und Du weißt dann zumindest, was Dein Gastkind für Infos über die deutsche Kultur hat. Für mich war das sehr interessant! Und man kann sich bei seinen täglichen Erklärungen gut darauf beziehen, weil sie es ja gelesen haben(sollten).

Vor unseren Deutschen Eigenheiten will ich sie auch gar nicht “bewahren” :wink:
… nur wenn ich weiß, womit sie evtl. ein Problem hat, kann ich darauf eingehen und ihr das Eingewöhnen einfach leichter machen. Ich vermute, dass sie sich gerade am Anfang nicht getrauen wird, diese Schwierigkeiten anzusprechen. Mit dem Wissen um die heimatlichen warmen Mahlzeiten z.B. kann ich mittags einfach etwas mehr kochen und sie kann sich das abends noch einmal aufwärmen. Unsere Tochter macht das auch gerne. Mein “Ego” ist groß genug, mich dadurch nicht an die Leine legen zu lassen. Den Service gibt es nur, wenn es für mich ohne großen Mehraufwand machbar ist…
Da unsere Tochter aus gesundheitlichen Gründen keine Nachtschattengewächse (z.B. Kartoffeln) essen soll, gibt es öfter Reis, Nudeln, Bulgur oder Couscous, das dürfte unserer Gastschülerin entgegen kommen :relaxed:

Das “Willkommen-in-Deutschland-Buch” werde ich mir besorgen, das ist eine gute Idee.
Die Orga hat mir auf Nachfrage angeboten, Kontakt zu Gastfamilien herzustellen, die auch jemanden aus Taiwan aufnehmen. Es sind wohl 15 Schüler/innen, die dieses Jahr nach Deutschland kommen wollen!

Ich habe mit unserer Tochter den Vortrag einer Sprachlehrerin besucht. Sie gab Tipps für Ehrenamtliche, die Migranten, Flüchtlingen usw. Deutsch beibringen. Total interessant! Ich hatte keine Ahnung, dass es sowas wie “Artikel-Regeln” tatsächlich gibt. z.B. werden Artikel häufig über Endungen/Nachsilben bestimmt.

Maskulin (der): , -ant, -ling- ismus, -ist (Lieferant, Schmetterling, Tourismus, Jurist…)
Feminin (die): -anz, -heit/keit/igkeit, -ion, -schaft (Toleranz, Frechheit, Sauberkeit, Position, Freundschaft…)
Neutrum: (das): -um, -lein, tum, -ment, (Datum, Publikum, Tischlein, Häuslein, Brauchtum, Argument, …)

oder sind Jahres- und Tageszeiten, Monate und Wochentage immer maskulin.
Alles was vom Himmel fällt auch (Regen, Schnee, Graupel…) was oben bleibt aber nicht (Sonne, Wolken etc.)
klar gibt es Ausnahmen wie hier der Mond, aber es sind Richtschnüre, an die man sich halten kann!

Ich fand’s sehr hilfreich, habe bisher noch keinem Erwachsenen Deutsch beigebracht…
Es bleibt spannend :smiley:

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Ich habe den Beitrag in ein vorhandenes Thema verschoben: Gastfamilien-Abenteuer gestartet

Noch eine Bitte an das Moderatoren-Team.
Könnte man meinen Beitrag hier vielleicht verschieben in die Rubrick “Gastfamilien”, da ist er wohl besser aufgehoben wir bei den “Neuen Mitgliedern”?

Danke.

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