Hallo ins Forum,
aufgrund der tollen Erfahrungen, die unsere ältere Tochter im vergangenen Jahr in den USA machte und der Tatsache, dass unsere Jüngere vor 5 Monaten ebenfalls als ATS in die USA ging, haben wir uns im letzten Jahr entschieden, ebenfalls ein Gastkind bei uns aufzunehmen. Den Anstoß dazu gab unsere Ältere, die meinte, wir wären doch auch eine tolle Familie und könnten somit etwas „zurückgeben“. Aus heutiger Sicht war unsere Entscheidung, es dann wirklich zu tun, vielleicht naiv und wir hätten gut daran getan, erst einmal Welcome Familie zu sein.
Denn seit September 2014 lebt nun eine Schülerin aus Südamerika bei uns, bei der ich schon nach einer Woche das Gefühl hatte, das die Chemie zwischen uns nicht stimmt, da das Mädchen zwar sehr nett und höflich ist, aber wenig spricht und auf unsere Fragen, wie „Möchtest Du dies oder das?“ stets mit „Ist mir egal“ oder „Ich weiß nicht“ antwortete. Vor allem kam (und kommt) es uns so vor, als wenn es ihr an Interesse für unsere Familie, für die deutsche Schule (und Schüler/innen), für unsere Kultur usw. fehlt - also Dinge, die nach unserer Auffassung unabdingbar wichtig sind für einen Austausch. Im Prinzip genau das, was schon jmd. hier im Forum geschrieben hat: Ein ATS muss neugierig sein und den eigenen (!) Willen haben, sich an andere Lebensweisen anzupassen und sich auch an einer fremden Schule durchzubeißen und Kontakt zu dt. Schülern zu suchen.
Aber durch die Informationen der Austausch-Orga wussten wir natürlich, dass das Aneinander-Gewöhnen Zeit braucht und versuchten also, mit der neuen Situation zu leben. Beim ersten Wochenend-Seminar nach 2 Monaten sprach ich mit anderen Gasteltern darüber, von denen manche ähnliche Erfahrungen gemacht haben (und das meist ebenfalls mit Südamerikanern, die wir für besonders aktiv, aufgeschlossen und begeisterungsfähig eingeschätzt hatten).
Anschließend habe ich ein offenes Gespräch mit unserer brasilianischen Tochter geführt und ihr meine Sicht geschildert und sie hat erklärt, dass man in Brasilien (und/oder ihrer Familie) nicht offen über Dinge spricht, sie sich aber bei uns wohlfühlt und sich bemühen will, ihr Verhalten zu ändern und sich auch mehr zu öffnen. Darum haben wir das bereits mit der Elternvertreterin der Orga geplante Gespräch dann doch nicht geführt.
Inzwischen hat sich unser Leben irgendwie eingependelt, aber gut fühlt es sich zumindest für mich nicht an. Unsere ATS spricht nach wie nur dann, wenn man auf sie zugeht, sie zeigt kaum Interesse für Dinge, die in unserer Familie passieren - außerdem können sie und unsere Tochter nichts miteinander anfangen (obwohl sie gleichaltrig sind und zur selben Schule gehen) und auch bei schönen, gem. Aktivitäten (Theater, Comedy, Konzert, Weihnachten etc.) kommt nichts rüber, keine Begeisterung, keine Empathie, sodass ich mittlerweile die Lust verloren habe, etwas zu organisieren.
Wirklich Spaß macht es ihr glaube ich nur, sich mit anderen ATS zu verabreden, was sie auch häufig tut.
Unsere Tochter und mein Mann sehen die Situation zwar auch als nicht ganz optimal, aber während mich die ganze Sache als Mutter und Bezugsperson mehr uns mehr zermürbt, haben sie sich mit der Lage arrangiert.
Ich bin nun hin- und hergerissen zwischen dem Gefühl, das Abenteuer Gastfamilie abbrechen zu wollen oder aber „durchzuhalten“ bis zum Sommer, in der Hoffnung, dass ich danach irgendwann sagen kann: Es hat sich gelohnt!
Viele Grüße,
KirstenMarlene